Über Jahrtausende hinweg wurde Korea von Männern dominiert, doch auch in diesen Zeiten gab es Frauen, die in die Geschichte eingingen. Eine von ihnen hieß Soseono. Sie half zunächst dem Begründer von Goguryeo Jumong bei der Errichtung seines Reiches, danach unterstützte sie einen ihrer Söhne, der der erste König von Baekje werden sollte. Damit vollbrachte sie die seltene Leistung, an der Gründung von gleich zwei Königreichen beteiligt gewesen zu sein. Heute wollen wir uns einmal genauer mit dem Leben dieser bemerkenswerten Frau beschäftigen.

Die Gründung Goguryeos

Wann Soseono geboren wurde, weiß man heute nicht mehr genau. Es ist lediglich bekannt, dass sie die Tochter von Yeontabal war, dem Oberhaupt des Kyeru-Stammes, der zu den fünf Stämmen des Reiches Jolbon Buyeo im Norden der koreanischen Halbinsel gehörte. Sie heiratete zunächst Utae, den Enkel des Königs von Nord-Buyeo, und gebar zwei Söhne, Biryu und Onjo.

Ihr Ehemann verstarb früh, und so zog sie ihre beiden Söhne in Jolbon auf. Die Machtposition ihres Vaters und die Hinterlassenschaft ihres Mannes sorgten dafür, dass sie ein weitgehend sorgenfreies Leben hatte. Dann kam es zu einer schicksalhaften Begegnung mit Jumong, dem späteren Begründer des Goguryeo-Reiches.

Jumong war als ausgezeichneter Bogenschütze bekannt. Bereits mit sieben Jahren soll er selber Pfeil und Bogen hergestellt haben. Durch seine große Begabung zog er den Neid der Söhne des Königs Geumwa von Ost-Buyeo auf sich, und so musste Jumong schließlich nach Jolbon Buyeo fliehen. Dort traf er auf Soseono. Obwohl sie acht Jahre älter als er und eine Witwe mit zwei Kindern war, heiratete er sie und ließ sich in Jolbon nieder.

Mit der Hilfe seiner Frau und ihrem Vater Yeontabal, dem Oberhaupt des stärksten Stammes in der Region, konnte Jumong nach und nach immer mehr herausragende Kämpfer auf seine Seite ziehen und die Unterstützung des Volkes gewinnen. Im Jahr 37 vor Christus gründete er das Reich Goguryeo, und Soseono wurde dessen erste Königin.

Auch nach der Gründung des neuen Reiches trug Soseono viel zur Befriedung von Goguryeo bei. So half sie zum Beispiel, die Abspaltung von Stämmen zu verhindern und so die Macht ihres Mannes zu festigen. Dank ihrer Hilfe konnte Jumong den benachbarten Malgal-Stamm besiegen und sein Königreich stabilisieren.

Gründung von Baekje

Doch Soseonos Glück währte nicht lange. Im 19. Jahr von Jumongs Regentschaft tauchte dessen erste Ehefrau mit dem gemeinsamen Sohn Yuri in Goguryeo auf. Jumong ernannte daraufhin Yuri zum Kronprinz und stufte Soseono zur Nebenfrau herab. Die bittere Enttäuschung von Soseonos zwei Söhnen Biryu und Onjo über diese Zurückweisung ist auch heute noch in dem berühmten historischen Werk „Samguksagi“, auf Deutsch „Die Chronik der drei Königreiche“, nachzulesen.

Soseono und ihre zwei Söhne verließen schließlich im Jahr 19 vor Christus Goguryeo in Richtung Süden. Begleitet wurden sie von zehn Verbündeten und deren Familien und einer Anzahl von Angehörigen des Kyeru-Stammes, dem Soseono angehörte.

Als sie Hansan erreichten, teilten sich ihre Wege. Biryu wollte am Meer leben und ging daher mit einem Teil der Gefolgschaft nach Michuhol. Onjo errichtete derweil in der Hanam-Region eine Festung namens Wirye und gründete ein neues Königreich, das er Sipje nannte. Der Name bedeutete soviel wie „Hilfe von zehn Untertanen“.

Michuhol, wo sich Biryu mit seinen Mannen niedergelassen hatte, war kein guter Platz zum Leben: der Boden war feucht und das Wasser zu salzig. Über die Gram, seine Gefolgschaft an einen schlechten Ort geführt zu haben, starb Biryu schließlich. Seine Anhänger zogen daraufhin zur Festung Wirye und schlossen sich Onjo an. Dieser nahm sich das zum Anlass, den Namen seines Königreiches in den zu ändern, unter dem es auch heute noch bekannt ist: Baekje, was soviel bedeutet wie „Hundert Familien überquerten das Meer.“ Soseono durfte noch miterleben, wie das Reich ihres Sohnes Gestalt annahm, bevor sie im Jahr 6 vor Christus starb.

Eine der großen Heldinnen der koreanischen Geschichte

Leider gibt es über das Leben von Soseono nur wenig Belege, da aus der Zeit der drei Königreiche keine Dokumente überliefert sind. Ihr Name wird lediglich in der „Chronik der drei Königreiche“ und in einem Geschichtsbuch aus dem Jahr 1931 mit dem Titel „Die frühe Geschichte Joseons“ erwähnt, das von dem Unabhängigkeitskämpfer und Historiker Shin Chae-ho geschrieben wurde. Shin beschrieb Soseono als die einzige Königin in der koreanischen Geschichte, die an der Gründung eines Königreiches beteiligt war, und das gleich zwei Mal. Es bleibt zu hoffen, dass mit der Zeit noch mehr über ihr Leben und Wirken herausgefunden werden kann.