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Geschichte

Lee Deok-mu, Ein Gelehrter mit einer Leidenschaft für Bücher

2012-11-15

<strong>Lee Deok-mu</strong>, Ein Gelehrter mit einer Leidenschaft für Bücher
Der „lesende Narr“

Wann immer ich die Tür zu diesem Raum öffne, schlägt mein Herz schneller. Beim Eintreten fühle ich, wie sich die Blicke der ordentlich in den Regalen aufgereihten Bücher auf mich richten. Es gibt nichts aufregenderes, als wenn der in den Büchern verewigte Geist der Autoren auf den meinen trifft! Es fühlt sich an, als würden die verwitterten Seiten der Bücher nur auf meine Berührung warten. An traurigen Tagen trösten sie mich mit den Liedern der Menschen vergangener Zeiten, an anderen Tagen trägt mich das Rauschen der Wellen eines fremden Insellandes in unbekannte Welten.

Diese Zeilen wurden von Lee Deok-mu geschrieben, einem Gelehrten aus der Joseon-Ära und einem Anhänger der Silhak-Schule des sogenannten „Praktischen Lernens“. Ein neues Buch konnte für den ganzen Tag ein Lächeln in sein Gesicht zaubern, und oft schloss er sich für lange Stunden zum Lesen in einen Raum ein, und man hörte ihn nur noch lachen, murmeln und zwischendurch auch einmal aufschreien. Woher kam diese große Leidenschaft für Bücher?

Ein Gefangener zwischen den Schichten

Lee Deok-mu wurde 1741 in Seoul geboren. Er stammte väterlicherseits in zehnter Generation von Prinz Murim ab, dem Sohn einer Nebenfrau von König Jeongjong, dem zweiten Monarchen der Joseon-Dynastie. Doch trotz dieser offensichtlich adligen Herkunft war er für einen großen Teil seines Lebens starken gesellschaftlichen Einschränkungen ausgesetzt, denn seine Mutter war eine Konkubine. Das war in der Joseon-Ära zwar nicht ungewöhnlich und wurde gesellschaftlich durchaus toleriert, eine Beamtenkarriere war den Kindern von Konkubinen jedoch vorbehalten.

Lee Deok-mu war ein begabtes Kind. Als er sechs Jahre alt war, gab ihm sein Vater ein chinesisches Geschichtsbuch, mit dem er sich das Lesen und Schreiben der chinesischen Schriftzeichen aneignen sollte, und noch vor Ende des ersten Bandes hatte er diese komplexe Aufgabe gemeistert. Doch aufgrund seiner Mutter, einer Konkubine gewöhnlicher Abstammung, konnte er keinen Regierungsposten antreten, und wegen seinem adligen Vater durfte er seinen Lebensunterhalt auch nicht als Bauer oder Händler verdienen. Er war ein Gefangener zwischen den Schichten und so arm, dass er mehr ans Hungern als ans Essen gewöhnt war.

Die Schule des „Lernen vom Norden“

Angesichts dieser Einschränkungen wandte sich Lee Deok-mu dem Lesen und Schreiben zu. Er las tausende von Büchern, und mit nur 20 Jahren veröffentlichte er gemeinsam mit einigen anderen Gelehrten einen Gedichtband. Einige Zeit später, im Jahr 1766, schloss er sich dem „Dichterkreis des Weißen Turmes“ an, einer Gruppe von Literaten, die alle Kinder von Konkubinen waren. Dort kam er in Kontakt mit Vertretern der sogenannten „Bukhak“-Schule, darunter Park Ji-won, Hong Dae-yong und Park Je-ga. „Bukhak“ bedeutete übersetzt soviel wie „Lernen vom Norden“. Diese Schule war Teil der Sirhak-Bewegung, die gesellschaftliche Reformen und Studien mit einem Fokus auf praktische Anwendbarkeit propagierte, und die Anhänger der „Bukhak-Schule“ sahen die Lösung für die Probleme Joseons im Norden, also in China. Sie wollten vom großen Nachbarn lernen.

1778 wurde Lee als Dokumentar mit einer diplomatischen Delegation nach China entsandt. Während seiner Zeit in Peking sammelte er detaillierte Aufzeichnungen zu Chinas Königspalästen, Bergen, Flüssen, Pflanzen, Tieren und vielem mehr. Er stand auch mit bekannten chinesischen Dichtern und Gelehrten in Kontakt, von denen er wissenschaftliche Schriften erhielt. All dies brachte er bei seiner Rückkehr nach Joseon mit und trug damit maßgeblich zum Verständnis Chinas und zur Entwicklung der Schule des „Lernen vom Norden“ bei.

Hinaus in die Welt

1779 durfte Lee dann endlich in den Regierungsdienst eintreten. Der damalige König Jeongjo, beeinflusst von seinem Großvater Yeongjo, dessen Mutter eine Sklavin am Hof gewesen war, bemühte sich darum, die Diskriminierung gegen die Kinder von Konkubinen abzuschaffen. 1779 wurde diesen schließlich der Zugang zu Regierungsposten erlaubt. König Jeongjo berief daraufhin einige Gelehrte, die von der Neuregelung betroffen waren, in die Leitung der königlichen Bibliothek Gyujanggak, welche damals eine Wiege von politischen Reformen war. Die Aufgaben dieser Gelehrten waren die Korrektur von Schriftwerken und die wissenschaftliche Forschung, und unter ihnen war auch Lee Deok-mu.

Der Posten war ideal für den Bücherliebhaber Lee, und mit großem Engagement begann er, die Bücher der Bibliothek zu sortieren und neue Schriften zu verfassen. Gemeinsam mit anderen war er auch an der Herausgabe von wichtigen historischen, rechtlichen und kulturellen Standardwerken beteiligt. Er stand damit an der Spitze der Bewegung des „Praktischen Lernens“ und gewann auch mehrmals den Dichtwettbewerb der Königlichen Bibliothek. Als wichtiger Vertrauter des Königs Jeongjo diente Lee bis zu seinem Tod 1793 auf verschiedenen wichtigen Posten in der Regierung Joseons.

Nach Lees Tod verwandte der König sein eigenes Geld darauf, 1796 eine Sammlung der Schriften des Gelehrten unter dem Titel „Ajeongyugo“ herauszubringen, und zeigte damit seine Hochschätzung. Der Sohn einer Konkubine, der sich ursprünglich aufgrund der gesellschaftlichen Diskriminierung den Büchern zugewandt hatte, war dank seines umfangreichen Wissens also am Ende seines Lebens ein hoch geschätzter und allseits respektierter Intellektueller geworden.

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