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Nordkorea

Die Neujahrsbotschaft in Nordkorea

#Schritte zur Wiedervereinigung l 2023-01-11

Schritte zur Wiedervereinigung

ⓒ Getty Images Bank 

In Seoul wurde das neue Jahr mit einer traditionellen Glockengeläut-Zeremonie im Bosingak-Pavillon, der im Zentrum der Stadt steht, eingeläutet. Nordkorea hielt eine Reihe von Veranstaltungen zum neuen Jahr ab. Der Machthaber des Landes, Kim Jong-un, besuchte dabei eine Veranstaltung im Stadion zum 1. Mai in der Hauptstadt Pjöngjang. Statt einer Neujahrsansprache von Kim berichteten die Staatsmedien auch diesmal wieder über die staatspolitischen Ziele für das neue Jahr, die das Zentralkomitee der herrschenden Arbeiterpartei bei einer Plenarsitzung Ende Dezember beschlossen hat. Bis 2020 formulierte Kim die Ziele in einer Ansprache an die Bevölkerung. Anfang Januar gab es dann in der Regel große Kundgebungen zu den Botschaften Kims. Auch wurde über verschiedene Treffen dazu berichtet. Als die Neujahrsansprache durch die Berichte über die Parteisitzung ersetzt wurde, riefen die Medien die Bürger dazu auf, die Aufgaben, die beschlossen wurden, zu erfüllen. Auch in diesem Jahr gab eine Massenkundgebung. Rund 100.000 Menschen nahmen den Berichten zufolge an der Kundgebung im Mai-Stadion teil. Die Berichte, die Kim dabei verkündet habe, seien an jede Parteieinheit in allen Landesregionen verteilt worden, hieß es. Es scheint, als ob die Nordkoreaner diese Berichte wie eine Schulbuchlektion studieren müssen. Zum Thema sagt Lee Ji-soon vom Korea-Institut für Nationale Vereinigung in Seoul:  


Im Allgemeinen verkünden die Staatsführer weltweit ihre Neujahrsbotschaften am Anfang des Jahres. Doch in Nordkorea nehmen die Menschen die entsprechenden Botschaften ihres Machthabers anders auf. Es ist keine Übertreibung, zu sagen, dass Nordkorea das einzige Land ist, in dem die Bürger die Botschaften des Anführers auswendig lernen müssen. 


Auch der frühere nordkoreanische Staatschef Kim Il-sung hielt Neujahrsansprachen, so auch eine vor seinem Tod im Jahr 1994. In der Rede rief Kim dazu auf, für eine unabhängige und friedliche Wiedervereinigung des Vaterlands zu kämpfen. Die Geschichte der Neujahrsansprachen des Landes begann am 1. Januar 1946:  


Am 31. Dezember 1945 läutete Nordkorea nachts die Pjöngjang-Glocke am Taedong-Tor. Die Glocke wurde am Ende der Joseon-Ära hergestellt. Sie wurde während der japanischen Kolonialherrschaft nie betätigt. Nordkorea veranstaltete die Glockengeläut-Zeremonie, um das erste neue Jahr nach der Befreiung Koreas zu feiern. Am 1. Januar 1946 hielt Kim Il-sung seine Rede unter dem Titel: “Für die Menschen im ganzen Land, die das neue Jahr begrüßen”. Am Neujahrstag von 1952 bis 1955 verkündete Kim nur eine Glückwunschbotschaft, während der Vorsitzende des ständigen Ausschusses der Obersten Volksversammlung, Kim Du-bong, eine Neujahrsansprache hielt. Zwischen 1956 und 1970, als Kim seine politischen Gegner während eines bitteren Machtkampfs beseitigen ließ, wurden die Neujahrsreden nur manchmal gehalten oder ganz ausgelassen. Die Neujahrsansprache wurde ab dem 1. Januar 1971 zu einem regelmäßigen Ereignis, als sie auch auf der Titelseite der offiziellen Zeitung Rodong Sinmun veröffentlicht wurde. 


Anfang dieses Jahres berichteten die staatlichen Medien über eine Aufführung im Mangyongdae-Kinderpalast. Nach der Aufführung “Zwölf Monate zu Hause” im vergangenen Jahr lautete der Titel diesmal “Lasst das fröhliche Lied laut erklingen”. Nordkorea hielt die Neujahrsaufführung von Schulkindern seit den Jahren unter Kim Il-sung ab. Das Land richtete 1956 auch ein Neujahrstreffen für Jugendliche und Studenten im Taedong-Tor-Kino in Pjöngjang aus. Im darauffolgenden Jahr besuchte Kim eine ähnliche Veranstaltung für Kinder und machte dabei Fotos: 


Während der Kim Il-sung-Ära veröffentlichte Rodong Sinmun jeweils am 1. Januar ein Porträt Kims sowie seine Neujahrsansprache auf der Titelseite. Auf der nächsten Seite erschien der Machthaber mit einem breiten Lächeln, als er die Kinder an der Hand nahm, sie umarmte oder Blumen erhielt. Er wurde als sorgender Vater oder Großvater gezeigt, der sich über den Anblick von Kindern freut. Fotos wie diese sollten bei den Menschen das Gefühl entstehen lassen, dass der Anführer freundlich und vertrauenswürdig ist. Die Kinder sehen erfreut aus. Es scheint, als ob die Menschen die Ein-Personen-Herrschaft mit einer positiven Eintstellung akzeptieren und glauben, dass sie auf elterlicher Liebe beruht. 


Nach dem Tod Kim Il-sungs wurde die Tradition der Neujahrsansprache unterbrochen. Danach verkündete sein Nachfolger Kim Jong-il jeweils am 1. Januar seine Neujahrsbotschaft in einem gemeinsamen Leitartikel der drei wichtigsten Zeitungen des Landes. Sie repräsentieren die Arbeiterpartei, die Armee und die Jugendliga. Die Botschaft wurde auch im Fernsehen verlesen: 


Kim Il-sung starb 1994. In der betrübten Stimmung war es nicht angemessen, das neue Jahr groß zu feiern. Am Neujahrstag von 1995 bis 1997 zeigte Rodong Sinmun ein Foto eines lächelnden Kim Il-sung und dem Slogan “Unser großer oberster Anführer ist mit uns”. Und die Neujahrsbotschaft wurde während der dreijährigen Trauerzeit in Form eines gemeinsamen Leitartikels verkündet. Selbst nach der Trauerperiode schien Kim Jong-il unter Druck gestanden zu haben, seinem Vater nachzuahmen und eine Neujahrsbotschaft zu verkünden. Der gemeinsame Leitartikel enthielt seine Neujahrsbotschaft. Von 1998 an besuchte der Machthaber ein Neujahrskonzert des Verdienstvollen Staatlichen Chors und des Symphonie-Orchesters der Volksarmee. Für Kim war das bis zu seinem Tod eine wichtige Neujahrsveranstaltung. Der Militärchor männlicher Soldaten sorgte für eine majestätische Atmosphäre, und er leistete damit auch einen Beitrag zur Förderung der Militär-Zuerst-Politik Kims und seiner “Musik-Politik”. 


Nach dem Tod Kim Jong-ils im Dezember 2011 wurde die Macht an seinen Sohn Kim Jong-un übertragen. Am 1. Januar 2012 widmete Rodong Sinmun ihre ganze Titelseite den Noten zum Lied “Koreas Macht”. Ein gemeinsamer Leitartikel erschien auf der nächsten Seite. Am Neujahrstag 2013 verkündete zum ersten Mal seit 19 Jahren ein nordkoreanischer Machthaber wieder eine gesprochene Botschaft, die vom Fernsehen ausgestrahlt wurde. Kim Jong-un wandte sich damit direkt an die Bürger:  


Kims Rede wurde von der zentralen Fernsehstation ausgestrahlt. Das sollte wohl bei den Menschen mittleren Alters positive Erinnerungen an die guten alten Tage unter Kim Il-sung wecken. Kim Jong-un gab sein Debüt auf der politischen Bühne. Indem er sich an das Image Kim Il-sungs anlehnte, der über ein mächtiges Charisma verfügte, wollte Kim Jong-un die Menschen gewinnen, die dem jungen Machthaber gegenüber vielleicht misstrauisch waren. Von 2013 an feierte Nordkorea das neue Jahr in unterschiedlicher Weise. Besonders ein Neujahrskonzert war unkonventionell. Die Moranbong-Band begann damit, am Tag vor Neujahr aufzutreten. Das Land ließ die Glocke läuten, als es Mitternacht wurde, und ließ den Nachthimmel hell erstrahlen. Das heißt, Nordkorea begrüßte das neue Jahre mit dem neuen Machthaber in prächtiger und farbenfroher Manier. Die festliche Neujahrsstimmung unterschied sich deutlich von der Kim Jong-il-Ära. 


Kim Jong-un imitierte nicht bloß seinen Großvater, sondern er fand einen eigenen Stil. Größere Veränderungen gab es in den Inhalten der Neujahrsansprachen, besonders 2017. Kim erwähnte seine Vorgänger an der Macht weniger als früher. Er ging unter anderem auf einen Atomwaffentest und eine Interkontinentalrakete ein. Ungewöhnlich war der Teil, in dem er Selbstkritik zu üben schien. Er sei unfähig gewesen, den Menschen gut zu dienen, sagte er. Nicht nur inaltlich, sondern auch das Format der Neujahrsansprache war anders: 


Von 2013 an verkündete Kim Jong-un seine Neujahrsansprache in seinem typischen Anzug im Mao-Stil. Von 2014 bis 2016 erschien Kim im Fernsehen nur, um die Zuschauer zu begrüßen. Während er seine Botschaft verkündete, wurde das Gebäude der Arbeiterpartei gezeigt. 2017 und 2018 trug er einen Anzug westlichen Stils und eine Krawatte. Seine Botschaft für 2019 las von einer Couch in seinem Büro in der Parteizentale vor. Er belebte das jährliche politische Ritual seine Großvaters neu, und sein Mao-Anzug zeigte, dass er die Tradition seiner Vorgänger übernahm. Sein neuer Stil, wie es etwa der westliche Anzug und der Vortrag aus seinem Büro zeigen, deutete seine Zuversicht an, sich als Anführer eines normalen Staats, nicht eines geschlossenen Landes, zu zeigen. 


Unter Kim Jong-un wurde die Neujahrsaufführung grundlegend verändert. Die nordkoreanischen Medien berichteten von einer großartigen Show. Die Neujahsveranstaltungen erhielten eine Art Festival-Atmosphäre: 


Seit 2019 ging Nordkorea in das neue Jahr mit einem großen Feuerwerk und einer Lichtershow, die Hunderte von Drohnen im Nachthimmel zeigte – als ob es demonstrieren wollte, dass es ein zivilisierter sozialistischer Staat ist. Die Neujahrsveranstalungen in der Kim Jong-un-Ära sind durch eine Aufführung auf einem öffentlichen Platz gekennzeichnet, einen Countdown für das neue Jahr, einer Glockengeläut-Zeremonie, bei der es zwölf Schläge gibt, ein Feuerwerk und eine Drohnen-Show. Eine große Menschenmenge kommt am Kim Il-sung-Platz zusammen und begrüßt das neue Jahr mit Applaus. Viele machen Fotos mit ihren Smartphones, und die Szenen werden im Fernsehen live übertragen. Früher schauten den Konzerten in den Sälen nur eine geringe Zahl von Leuten zu, die eingeladen waren. Video-Aufzeichnungen davon wurden am Neujahrstag gezeigt. Doch heutzutage kann jeder zu den Neujahrskonzerten auf dem Platz gehen, und die Menschen begrüßen das neue Jahr auf freudige Welse. Das sind einige bemerkenswerte Veränderungen bei den Neujahrsfeierlichkeiten in der Kim Jong-un-Ära. 


Kim Jong-un las von 2013 bis 2019 eine Neujahrsbotschaft vor. Doch seitdem wurde der Vortrag durch Berichte über die Ergebnisse der Parteisitzung ersetzt. Experten sagen, dass sich Nordkorea offensichtlich einem System zuwende, in dem die Partei wieder stärker im Zentrum steht. Ob Nordkorea an den Änderungen festhält, wird abzuwarten sein.

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