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Nordkorea

Der Kim-Il-sung-Platz in Pjöngjang

#Schritte zur Wiedervereinigung l 2023-02-01

Schritte zur Wiedervereinigung

ⓒ YONHAP News

Während der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar versammelten sich viele Fans trotz des Winterwetters auf dem Gwanghwamun-Platz im Zentrum von Seoul, um die Spiele der südkoreanischen Nationalmannschaft auf großen Leinwänden zu verfolgen. Gwanghwamun ist das Haupttor des nahe gelegenen Gyeongbok-Palastes. Während der Joseon-Dynastie diente der Platz noch als Hauptstraße, an der wichtige Regierungsbüros angesiedelt waren. Gegenwärtig befindet sich dort ein 212 Meter langer “historischer Wasserweg” sowie der “Hangeul-Brunnen”, der auf die Erfindung des koreanischen Alphabets Hangeul hinweisen soll. Beim Bau des Platzes wurden Reste aus früheren Zeiten erhalten. Dazu zählt auch die Stelle, wo sich das Tor zum Büro des Generalinspekteurs der Joseon-Zeit befand. Zudem gibt es einige Stellen, die zum Ausruhen einladen. Auch soll ein offener Leseraum, der “Gwanghwamun Buch-Hof”, eingerichtet werden. Ähnlich bedeutungsvoll wie Gwanghwamun in der südkoreanischen Hauptstadt ist der Kim-Il-sung-Platz in der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang. Auf öffentlichen Plätzen sollen sich die Menschen ohne große Behinderungen versammeln können. In diesem Sinn kann ein öffentlicher Platz eine noch größere Bedeutung für sozialistische Staaten haben. Zum Thema sagt Yim Dong-woo von der Abteilung für Städtebau an der Hongik-Universität in Seoul:  


In sozialistischen Staaten umfassen Aufklärung, Erziehung und Propaganda die Basisprinzipien, die die Gesellschaft formen. Das ist der Grund, warum ein öffentlicher Platz als Propagandaort, an dem sich die Menschen versammeln, ein sehr wichtiges Element beim Aufbau einer sozialistischen Stadt war. Er ist mehr als nur ein Platz für Veranstaltungen. 


Die Einrichtung solcher Plätze stellte von Beginn der Demokratischen Volksrepublik Korea an eine wichtige Aufgabe dar. Nach der Befreiung Koreas von der japanischen Kolonialherrschaft 1945 wandelte der Norden den Vorplatz eines Büros in Pjöngjang in einen öffentlichen Platz um. Im Rahmen des Wiederaufbaus nach dem Korea-Krieg Anfang der 1950er Jahre trieb Nordkorea den Bau des Kim-Il-sung-Platzes voran:


Während der Kolonialzeit gab es keinen öffentlichen Platz in Pjöngjang. Beim Wiederaufbau nach dem Krieg war das Städtedesign Nordkoreas stark von Osteuropa und der Sowjetunion beeinflusst. Als Ergebnis davon begann Nordkorea damit, das Konzept eines öffentlichen Platzes zu übernehmen. Solche Plätze waren im Masterplan enthalten, der in den 1950er Jahren von dem nordkoreanischen Architekten Kim Jong-hui, der in der Sowjetunion studierte hatte, entwickelt wurde. Pjöngjang wurde während des Kriegs total zerstört, und Nordkorea musste die Haupstadt von den Grundmauern auf neu aufbauen. Dabei benötigte es eine Art Modell, das dann zum Kim-Il-sung-Platz wurde. Um diese Fläche wurden Straßen gebaut und Gebäude wieder hochgezogen, was das Signal zum Wiederaufbau war. 


Der Kim-Il-sung-Platz ist eine der symbolischen baulichen Anlagen, die Nordkorea repräsentieren, wie etwa der Rote Platz in Moskau oder der Tiananmen-Platz in Peking. Nordkorea sagt, dass der Kim-Il-sung-Platz Pjöngjang, die Hauptstadt der Revolution, noch bedeutungsvoller schmücke als andere Flächen, und dass er für die Würde der nordkoreanischen Juche-Ideologie der Eigenständigkeit stehe. Der Platz am Fuss des Namsan-Hügels wurde 1954 gebaut. Er besteht aus einem rechteckig geformten Hauptplatz, der mit Granit gepflastert ist, einem kleineren Platz sowie einem Podium für die Führung des Landes. Seine Fläche beträgt 75.000 Quadratmeter und er kann etwa 100.000 Menschen auf einmal aufnehmen. Er befindet sich vor dem Großen Haus für Volksstudien gegenüber dem Juche-Turm auf der anderen Seite des Flusses Taedong. Er ist umgeben von Regierungsgebäuden, einem Geschichtsumuseum, einer Kunstgallerie sowie dem Pjöngjanger Kaufhaus Nummer eins. Der Entwurf zog sich über eine lange Zeit hin. Auf einem Foto der Innenstadt von 1961 lässt sich außer dem Podium für die Führung nichts im Zentrum des Platzes erkennen:


Als es noch keine sozialen Medien oder das Intenet gab, war es nötig, zehntausende Menschen auf einem Platz zu versammeln, um eine Rede über die Ideologie zu verbreiten. Dafür war ein öffentlicher Platz geeignet. Pjöngjang integrierte die sozialistische Stadtplanung, bei der ein Führungspodium ein wichtiger Teil war. Der Machthaber hielt auf dem Podium eine Rede, und die Bürger verbreiteten seine Botschaft. Das konnte als Prozess der sozialen Aufklärung verstanden werden. 


Anlässlich des 70. Geburtstags des Republikgründers Kim Il-sung 1982 wurde der Juche-Turm in Pjöngjang gebaut, um die Größe des Machthabers und die Staatsideologie zu symbolisieren. Der 150 Meter hohe Turm aus weißen Granitblöcken gehört zu den Wahrzeichen der Stadt. Die Besucher können die Beobachtungsplattform unterhalb einer 20 Meter hoen Metall-Fackel mit einem Aufzug erreichen: 


Der Juche-Turm liegt vom Kim-Il-sung-Platz aus gesehen auf der anderen Seite des Taedong. Seine Stelle war im Masterplan aus den 1950er Jahren enthalten. Es scheint, als ob die Stadt gemäß dem Plan über eine Spanne von Jahrzehnten erbaut wurde. Der Juche-Turm wurde in den 80er Jahren als symbolisches Bauwerk errichtet, um den Personenkult um den Anführer zu fördern und das öffentliche Bewusstsein für Juche zu schärfen. 


Im selben Jahr wurde auch das Große Volksstudien-Haus fertiggebaut. Die Nationalbibliothek ist ein zehnstöckiges Gebäude mit traditionellen Dächern und grünen Dachziegeln:


Ich würde nicht sagen, dass Nordkorea den Platz im Zentrum von Pjöngjang erbaut hat. Eher begann der Bau der Stadt vom Platz aus. Behörden und Kultureinrichtungen wurden in den 60er Jahren um den Platz herum errichtet, so dass dieser mehrere Funktionen übernehmen konnte. Die Fertigstellung der Großen Volksstudien-Hauses und des Juche-Turms erweiterten den Umfang des Platzes. In diesem Prozess wuchs auch die zentrale Stellung des Platzes. Besonders das Große Haus für Volksstudien stellt eine großartige Struktur dar. Sie dient als wunderbarer Hintergrund für den Platz. 


Nordkorea verlegte 1996 den “Null-Kilometer” zum Podium auf dem Platz. Das bedeutet, der Platz ist der Startpunkt für Nordkoreas nationales Straßensystem. Es soll sich dort auch ein Stein mit dem entsprechenden Hinweis befinden. Auf dem Platz finden heutzutage größere Veranstaltungen wie etwa Neujahrsfeierlichkeiten oder Militärparaden und große Kundgebungen zu bestimmten Jahrestagen statt. Die Kundgebungen werden regelmäßig dazu benutzt, die angeblich feindselige Politik der USA zu kritisieren, oder zu öffentlichen Schwüren, die Entscheidungen bei Plenarsitzungen der herrschenden Arbeiterpartei umzusetzen. Im Jahr 2017 hielt Nordkorea dort auch eine Zeremonie ab, um neue Traktoren und Lastwagen zu Produktionsstätten zu schicken. Am Geburtstag von Kim Il-sung, dem “Tag der Sonne”, oder am Tag der Jugend findet dort auch ein großer Ball statt. Dazu kommen andere Kultur- und Gedenkveranstaltungen, etwa zum Tag der Staatsgründung. Wenn Südkoreaner an einen öffentlichen Platz in Nordkorea denken, kommt ihnen nur der Kim-Il-sung-Platz in den Sinn. Doch solche Plätze als symbolische Flächen gibt es auch in anderen Großstädten des Landes:


Die Bildung eines öffentlichen Platzes ist, wie gesagt, in einer sozialistischen Stadt sehr wichtig. Es verwundert also nicht, wenn man Plätze in großen und kleinen Städten Nordkoreas sieht. Ein öffentlicher Platz kann so entworfen sein, um dort Kultureinrichtungen wie eine Bibliothek oder ein Theater hinzustellen. In anderen Fällen wurden auf Plätzen Statuen der früheren Machthaber Kim Il-sung und Kim Jong-il errichtet. In der nordöstlichen Stadt Hamhung sind um den öffentlichen Platz zahlreiche Gebäude gebaut worden. In der nordwestlichen Grenzstadt Sinuiju wurde der größte Platz vor dem Bahnhof gebaut. Das ist noch ein altes Stadtdesign. Neuere Masterpläne für andere Regionen wie Sonbong und Chongjin legen großes Gewicht auf öffentliche Plätze. Zuletzt wurden dort Statuen der früheren Machthaber errichtet. 


Der derzeitige Machthaber Kim Jong-un scheint den Kim-Il-sung-Platz oft zu nutzen. Am 65. Gründungstag der Arbeiterpartei am 10. Oktober 2010 inspizierte der damals noch designierte Nachfolger an der Seite seines Vaters Kim Jong-il vom Podium des Platzes aus einige Truppen. Es war eine politische Veranstaltung, die zeigen sollte, dass Kim Jong-un eines Tages die Macht übernehmen sollte. 2012 gab er auf dem Platz seine erste öffentliche Rede. Während einer nächtlichen Militärparade zum 75. Jahrestag der Arbeiterpartei 2020 sagte Kim in einer Rede, er entschuldige sich dafür, nicht fähig zu sein, die Lebensverhältnisse für die Bürger zu verbessern. Auch vergoss er dabei öffentlich Tränen. Der ungewöhnliche Auftritt zeigte auch die Umformung der sogenannten höchsten Würde, die sich in Nordkorea auf den Machthaber bezieht. In diesem Sinn spielt der Platz eine wichtige symbolische Rolle in der nordkoreanischen Politik:


Der Platz ist der Ort, an dem nationale Veranstaltungen stattfinden, und wo die Anweisungen der Machthaber für die Bürger übermittelt wurden. Aus diesem Grund wird Nordkorea weiter große Aufmerksamkeit darauf verwenden, wie der Ort benutzt und in den den Medien gezeigt wird. Er hat eine große symbolische Bedeutung, nach innen und nach außen. Ich kann mir vorstellen, dass der Platz ständig verändert wird, auch wenn der Zeitpunkt dafür nicht klar ist. Wenn andere sozialistische Länder Beispiele liefern können, so sieht man, dass kommerzielle Einrichtungen um öffentliche Plätze entstanden, so dass immer mehr Leute dorthin strömten. Die Regierungsbüros und Kultureinrichtungen, die jetzt in der Nähe des Platzes stehen, könnten in Zukunft eine andere Rolle spielen. 


Im vergangenen September berichtete die offizielle Zeitung Rodong Sinmun über die verschiedenen Veranstaltungen auf dem Kim-Il-sung-Platz in den vergangenen 70 Jahren. Der Zweck war offensichtlich, die innere Einheit zu stärken, während die Geschichte des symbolischen Platzes erzählt werden sollte. Welche Rolle der Platz künftig noch spielen wird, bleibt abzuwarten.

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