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Nordkorea

Akrobaten in Nordkorea

#Schritte zur Wiedervereinigung l 2022-11-16

Schritte zur Wiedervereinigung

ⓒ YONHAP News

Nordkoreanische Zirkustruppen rühmen sich, auf Weltklasseniveau zu sein. Sie nehmen in der Regel auch an internationalen Wettbewerben teil. Die nordkoreanischen Staatsmedien berichten regelmäßig über die einheimischen Zirkusgruppen bei internationalen Veranstaltungen. In Nordkorea wird Akrobatik oder auch der Zirkus “Kyoye” genannt, was wörtlich etwa so viel heißt wie technische oder darstellende Kunst. Der nordkoreanische Film “Genosse Kim fliegt” von 2012 porträtiert eine junge Kohlenbergwerkarbeiterin, die ihren Traum erfüllt, Trapezkünstlerin zu werden. Der Film wurde beim Internationalen Filmfestival von Toronto 2012 gezeigt. Zum Film und Kyoye sagt Kim Seung von der Abteilung für Digitale Kultur und Inhalte an der Konkuk-Universität in Seoul: 


In dem Film spielt die Schauspielerin Han Jong-sim die Rolle der Heldin Young-mi, während der Schauspieler Pak Chung-guk die männliche Hauptrolle übernimmt. Die Darsteller waren Mitglieder von Kyoye-Truppen, sie konnten also die schwierigen akrobatischen Nummern im Film vorführen. Nordkorea war neben Belgien und Großbritannien Co-Produzent des Films, und es zeigte ihn beim Internationalen Filmfestival von Toronto, um zu demonstrieren, wie hochentwickelt die Akrobatik im Land ist. Nordkoreanische Kyoye-Vorführungen haben oftmals Preise bei internationalen Veranstaltungen gewonnen und dank der fortschrittlichen Zirkustechnik, ihrer Energie und ihres Umfangs viel Aufmerksamkeit im Ausland bekommen. Nordkorea organisiert Kyoye-Vorstellungen an fast allen Jahrestagen und Veranstaltungen von nationaler Bedeutung. Die Nordkoreaner bewundern die Kyoye-Künstler, wie man auch am Film “Genosse Kim fliegt” erkennen kann.  


Nordkorea sagt, dass Kyoye Erfahrungen, Emotionen und Tendenzen der Menschen durch ihre physischen Bewegungen reflektiere und dass es die Gesellschaft kulturell verfeinere. Kyoye wird in dem Land als Kunstform gesehen, wie etwa Literatur, Kinofilme, Dramen, Malerei und Musik:


Kyoye ist eine Unterhaltungsform für die Öffentlichkeit und ein Kunstgenre, das für Nordkorea einzigartig ist. Nordkorea beschreibt den Zirkus in kapitalistischen Ländern als etwas Altes und behauptet, eine eigene, neue Kunstform geschaffen zu haben. Das Land sieht den Ursprung von Kyoye in Wandmalereien von Gräbern des alten koreanischen Königreichs Goguryeo. Das nordkoreanische Magazin Joseon Art schreibt, dass Kyoye auf Wandmalereien zurückgeht, die reitende Menschen auf Pferden bei körperlichem Training zeigen. Die Malereien im Grabmal von Palcheong-ri zeigen zum Beispiel zwei Männer, die auf einem Horn blasen, während sie auf einem Pferd reiten, ohne die Zügel zu halten. Kyoye-Aktionen des Reitens und des Tanzens auf einem sich bewegenden Pferd sind wahrscheinlich den Akrobatik-Darstellungen in den alten Grabmalereien nachempfunden.  


Die Kyoye-Vorstellungen begannen mit dem Staatszirkus, der 1952 mitten im Korea-Krieg gegründet wurde. Der Name wechselte später zu Pjöngjanger Zirkus. Die Zirkustruppe tritt regelmäßig im eigenen Theater auf, das sich am Ufer des Taedong in Pjöngjang befindet. Das Theater hat für 3500 Zuschauer Platz. Der Zirkus gab 2000 auch eine Vorstellung in Seoul, um nach dem ersten innerkoreanischen Gipfeltreffen im selben Jahr eine günstige Atmosphäre zwischen Süd- und Nordkorea zu schaffen. Ein anderer bekannter Zirkus in Nordkorea ist der Zirkus der Volksarmee. Er bietet ebenfalls regelmäßig Shows in seinem eigenen Theater an, das auch als Moranbong-Zirkusarena bekannt ist und 1800 Zuschauer aufnehmen kann. Der nordkoreanische Zirkus wuchs sehr rasch dank staatlicher Unterstützung in den 1970er Jahren. Der frühere Machthaber Kim Jong-il soll sich oft Zirkusvorstellungen angeschaut haben. Kyoye umfasst Akrobatik, Magieshows, Tiernummern sowie kurze komische Nummern. Die Akrobatik gilt als die repräsentativste Form des Kyoye: 


In Nordkorea wird Akrobatik als eine künsterische Kombination von athletischen Bewegungen und rhytmischen Fähigkeiten gesehen. Die Trapezkunst ist besonders berühmt. Sie umfasst einen fliegenden Akt, der ein traditionelles Volksspiel mit Luftakrobatik verbindet. Der Pjöngjanger Zirkus kreierte 1979 den “Trapezflug”. Mit dieser Zirkusarbeit gewann Nordkorea 1980 den ersten Preis bei einem internationalen Zirkusfestival. Eine andere nordkoreanische Zirkusnummer ist “Flying Girls”, die auch auf internationaler Ebene sehr bekannt ist. Dabei führen die Trapezkünstler außergewöhnliche Aktionen in der Luft aus. Diese Arbeiten haben ihre Wurzel in den koreanischen Volksspielen. 


Der nordkoreanische Zirkus umfasst auch Nummern mit trainierten Tieren. Bären werden etwa beim Seilhüpfen gezeigt, auch Delfin-Shows sind sehr beliebt. Tatsächlich sind Nummern wie diese in vielen Teilen der Welt von der Bühne verschwunden, da sie sich teils auch dem Vorwurf des Tiermissbrauchs ausgesetzt sahen. Doch in Nordkorea sind Zirkusnummern mit Tieren nach wie vor populär, und entsprechende Programme werden oft im staatlichen Fernsehen ausgestrahlt. Die Magieshows machen derweil einen weiteren Teil von Kyoye aus:


Indem etwas Unrealistisches in Realistisches umgewandelt wird und etwas Unmögliches in Mögliches, sollen nordkoreanische Magie-Vorführungen das Interesse und die Neugier der Menschen wecken und somit zur Entwicklung ihrer Phantasie und der Verstandeskraft  beitragen. In einer Zaubershow steigt eine Darstellerin in eine leere Kiste, und diese wird verschlossen. Die Kiste wird von allen Seiten mit zwölf Schwertern durchstochen. Wenn die Kiste geöffnet wird, ist nicht nur eine Schauspielerin, sonderen sind zwei weitere zu sehen. In einer anderen Nummer, die “Feuerwunder” heißt, wird ein Tuchtstück in einer Glasröhre plötzlich zu einer Person, die sich in einer Papierbox befindet. Die Box wird abgefackelt und dann erscheinen plötzlich drei Personen. 

Nordkorea führte 2011 eine große Zaubershow im Stadion vom 1. Mai in Pjöngjang auf. Die Aufführung zeigte erstaunliche Zaubertricks, so etwa, wenn ein Passagierbus, ein Elefant, ein Pferd und ein Hubschrauber verschwinden, bevor sie auf der Bühne plötzlich wieder erscheinen. Es scheint, als ob Nordkorea die Magieshows erweitert, damit die Menschen etwas noch Spektakuläreres zu sehen bekommen. 


Mit der Unterstützung der Regierung im Rücken haben die Kyoye-Künstler bei verschiedenen internationalen Zirkus-Wettbewerben stets gut abgeschnitten. Dazu gehörten auch das Zirkusfestival von Monte Carlo, das Internationale Zirkusfestival Moskau sowie ein ähnliches Spektakel in Figueras in Spanien. Die staatlichen nordkoreanischen Medien strahlen zum Teil Spezialprogramme dazu aus. Um das Weltklasse-Niveau des einheimischen Zirkus zu halten, werden Akrobaten an spezialisierten Institutionen wie etwa der Pjöngjanger Zirkusschule ausgebildet. Die Einrichtung, die auf das Kyoye-Training spezialisiert ist, wurde ursprünglich vom Pjöngjanger Zirkus betrieben, bis sie 1972 offziell als Zirkusschule gegründet wurde. Sie bot zuerst eine dreijährige Ausbildung an. Jetzt dauert sie sechs Jahre. Die Ausbildungsplätze sind hart umkämpft, und die Studenten müssen sich einem rigorosen Training unterziehen. Nach dem Abschluss schließen sie sich professionellen Zirkustruppen an, die für ihre strengen Auswahlkriterien bekannt sind: 


Um in die Pjöngjanger Zirkusschule einzutreten, müssen die Bewerber von Kindesbeinen an intensives Training erhalten haben und einen harten Wettbewerb überstehen. Auch nachdem sie Kyoye-Künstler geworden sind, müssen sie hart trainieren, darunter sechs Stunden technisches Training am Tag und eine Stunde Übung für eine bestimmte Zirkusnummer. Auch müssen sie in Zirkusvorstellungen auftreten. Doch ihre harte Arbeit zahlt sich aus, weil sie eine große Belohnung erwartet. Sie können von der sechsten Stufe auf die erste klettern. Jenseits von Stufe eins können sie den Ehrentitel “Volkskünstler” erwerben. Die Kyoye-Künstlerin Choi Kyung-hwa war die Tochter eines einfachen Arbeiters. Sie trat in die Pjöngjanger Zirkusschule ein und schloss sich dem Pjöngjanger Zirkus an. Nach dem harten und langen Training gelang ihr der vierfache Salto rückwärts, was besondere Fähigkeiten verlangt. Choi erhielt den Preis des Goldenen Clowns beim Zirkusfestival von Monte Carlo 2002. Als Anerkennung ihrer Leistung wurde ihr 2005 der Titel “Verdiente Künstlerin” verliehen. Beim Internationalen Akrobatik-Festival von Wuqiao 2007 in China gewann sie mit der gleichen Vorführung den Preis des Goldenen Löwen. Sie ist in der Tat eine legendäre Persönlichkeit. 


Kyoye hat im Gegensatz zu anderen Kunstgenres weniger ideologische Elemente. Aus diesem Grund nutzt Nordkorea Zirukusvorstellungen als Tourismusprogramm. Die Shows gehören zum Pflichtprogramm ausländischer Touristen in Nordkorea. Auch dienen sie als Devisenquelle. Doch Kyoye ist nicht frei von Propaganda. Die Staatsmedien betonen stets, dass Kyoye eine eigene Kunstform Nordkoreas ist. Während einer Trapeznummer vor dem Hintergrund einer Baustelle in Nordkorea wurde etwa eine Fahne mit einem Slogan für die Massenmobilisierungskampagne des Regimes von Kim Jong-un entfaltet, die auch als “Mallima-Bewegung” bekannt ist. In einer Zirkusvorstellung mit dem Ttel “Das Universum ruft” fliegt ein Artist im Raumanzug durch die Luft wie eine Rakete. Beobachter sagen, dass die Kleidung und die Bewegungen der Kyoye-Artisten auch die Entschlossenheit des Regimes widerpiegeln, die Atomwaffen- und Raketenentwicklung voranzutreiben:

 

Nordkoreanische Zirkustruppen interagieren mit der Außenwelt aktiver als alle anderen Gruppen für darstellende Künste im Land. Der Grund ist, dass der Zirkus den menschlichen Körper einsetzt und nicht so viele ideologische Elemente enthält. Das macht ihn zugänglicher für Zuschauer aus anderen Ländern. Nordkorea hat neue Zirkusvorstellungen für Ausländer kreiert, die Pjöngjang besuchen. Das Land betrachtet diese besondere Kunstform offensichtlich auch als Industriezweig. Kyoye ist trotzdem noch Gegenstand der sozialistischen Theorie zur Kreierung von Kultur und Kunst. Indem den Menschen athletische und kulturelle Erziehung angeboten wird, kann Kyoye einen Kampfgeist für die Revolution und den revolutionären Optimismus hervorrufen. In diesem Sinn spielt Kyoye die Rolle einer Hymne für den Sozialismus in Nordkorea. 


Der nordkoreanische Zirkus hat sich zu einer Attraktion auf Weltklasse-Niveau entwickelt. Trotzdem ist es nicht einfach, diese Attraktion getrennt von politischen Elementen zu sehen. 

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