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Kultur

Yeom Sang-seop: „Vor dem 1. März“ (1924) – Teil

2023-02-28

ⓒ Getty Images Bank

Ob es mir nun gefiel oder nicht, wir waren nun schon sechs oder sieben Jahre verheiratet. War ich ein schrecklicher Mensch, weil ich entspannt war und mir keine Sorgen mache, nachdem mir per Telegramm mitgeteilt worden war, dass meine Frau an der Schwelle des Todes stand? Warum hatte ich es nun so eilig zu gehen? Aus Loyalität oder aus Konvention? Vielleicht, weil ich vor meinen Verwandten das Gesicht wahren musste, oder wegen meiner unausweichlichen Pflicht als Ehemann? Was war der Grund dafür, dass ich etwas tat, wozu ich keine Lust hatte? 



Ich bin vielleicht kein Patriot, doch ich habe nie vergessen, dass ich zu den Nationlosen gehöre. Aber meine Umgebung hat mich in den letzten zehn Jahren seit dem Fall Koreas dankbarerweise in Ruhe gelassen und mich gleichgültig werden lassen. Als ich in der Grundschule war, schürte die Jugend meine Liebe für das Land, so dass ich mit einem japanischen Lehrer aneinander geriet, woraufhin ich von der Schule verwiesen und auf eine Privatschule versetzt wurde, die koreanische Geschichte unterrichtete. Aber nachdem ich nach Japan gegangen war, hatte ich nur noch selten Gelegenheit, Feindseligkeit oder Antagonismus zu spüren, außer wenn ich mich ärgerte und wütend wurde, wenn ich auf meinem Weg nach Korea in Shimonoseki, Busan oder Seoul von Beamten verhört wurde.



„Polizei. Ich möchte, dass Sie mit mir auf die Wache kommen“, sagte der japanischer Beamter.

„Beschuldigen Sie mich des Diebstahls? Wenn nicht, verhören Sie mich gleich hier“, sagte ich.

Wenn ich dieses Schiff verließ, war es klar, dass ich im Gefängnis landen würde. Ich war also fest entschlossen, das Schiff nicht zu verlassen. Mein Herz begann zu rasen.

Gerade als ich auf das Deck trat, ertönten ein lautes Horn und ein Pfiff auf dem dunklen Kai. 




Yeom Sang-seop (1897-1963): „Vor dem 1. März“ (1924) – Teil 1 

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