In Korea fanden früher an Grundschulen im Herbst Sporttage statt, und oft waren diese Tage Feste für das ganze Dorf. Bei den Sporttagen traten meist ein blaues Team gegen ein weißes Team an und maßen sich in verschiedenen Disziplinen wie 100-Meter-Rennen, Seilziehen, Ballparcours und Bohnensackwerfen. Meist fanden die Sportfeste zum Ende der Erntezeit statt, wenn die Feldarbeit fürs Jahr getan war. Und so versammelten sich auch alle Erwachsenen des Dorfes in der Schule ein. Offiziell waren sie zwar da, um ihre Söhne, Töchter oder Enkelkinder anzufeuern, aber oft nahmen sie dann selbst an den Wettbewerben teil. 

Neben den Wettbewerben wurde an den Sporttagen auch getanzt oder Gruppengymnastik gemacht. Ein Tanz, der nie fehlen durfte, war der sogenannte Marionettentanz, Kkokdugaksi chum꼭두각시 춤. Dafür verkleideten sich die Schülerinnen und Schüler der ersten und zweiten Klassenstufe mit farbenfroher traditioneller Kleidung als kleine Bräute und Bräutigame. Für die Erwachsenen gab es keinen schöneren und unterhaltsamen Programmpunkt als diese Aufführung. Der Marionettentanz erinnert in seinen Bewegungen an die etwas eckigen, aber niedlichen Bewegungen von Marionettenpuppen aus Holz, daher der Name.

Als nächstes wollen wir die Begleitmusik zu dem höfischen Tanz Chunaengjeon춘앵전 hören, der im 18. Jahrhundert vom Kronprinzen Hyomyeong효명 geschaffen wurde. Kronprinz Hyomyeong soll von Kindesalter an außergewöhnlich intelligent und loyal gegenüber seinen Eltern gewesen sein. Im jungen Alter von 18 Jahren übernahm er an Stelle seines Vaters König Sunjo순조 die Regierungsgeschäfte. Es war eine Zeit schärfster Machtpolitik, und Kronprinz Hyomyeong hielt höfische Musik und Tanz für den Weg, die Würde des Königshauses zu demonstrieren und Harmonie zwischen den Hofbeamten herbeizuführen. Es handelte sich gewissermaßen um eine frühe Form der Kulturpolitik. Kronprinz Hyomyeong richtete also ein Fest für seine Eltern aus, den König und die Königin, und komponierte und choreographierte höchstpersönlich die Musik und Tanz dafür.

Eines dieser Werke war Chunaengjeon춘앵전. Der Tanz stellt den Anblick einer Nachtigall nach, die an einem Frühlingstag in den Zweigen eines Weidenbaumes umherfliegt. Die Tänzerin trägt ein Kleid gelb wie eine Nachtigall, mit einer grünen Schärpe, die an die Weidenzweige erinnern soll. Der Tanz wird von einer einzelnen Tänzerin auf einer kleinen, bunten Matte getanzt und ist unvergleichlich elegant. 

Der höfische Tanz zeichnet sich durch strenge Regeln für jede einzelne Bewegung aus, aber auch durch prächtige Kostüme und höchste Eleganz. Unter den Tänzen des einfachen Volkes gab es sehr ausdrucksvolle Tänze wie den Maskentanz und Tänze wie den Mönchstanz, der eine zurückhaltende Eleganz an sich hat. Der Mönchstanz, auf Koreanisch Seungmu승무, wird nicht von tatsächlichen Mönchen getanzt, sondern vielmehr von einer professionellen Tänzerin in Mönchsgewändern mit überlangen Ärmeln. Wenn der Tanz beginnt, sitzt die Tänzerin vornübergebeugt auf dem Boden, um dann ganz langsam aufzustehen, mit ihren Händen im Gebet vereint. Der folgende Tanz ist voller einzigartiger und eindrucksvoller Bewegungen. Die langen Ärmel flattern in wunderschönen Linien durch die Luft. Am Ende stoppt die Musik, und die Tänzerin trommelt auf eine große, Beopgo법고 genannte Trommel ein. Dies bringt das Ende der irdischen Freuden und Sorgen und das Erreichen des Nirvanas zum Ausdruck. Seit 1969 ist der Mönchstanz in Korea als nationales immaterielles Kulturerbe anerkannt.

Musik

1. „Yeonjigonji (Kkokdugaksi)“, gespielt von Noriter
2. „Chunaengjeon“, gespielt vom Hofmusikorchester des National Gugak Center
3. „Seungmu“, gespielt von Lee Saeng-gang und anderen