Q: Wie sieht es mit den Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Korea aus? Ist Deutschland ein wichtiger Handelspartner in Europa? Ich meine hier die gesamte Wirtschaft, nicht nur die Autoindustrie, die aus meiner Sicht sichtbar Fuß gefasst hat auf Deutschlands Straßen.
A: Nach Angaben des Bundesverbandes der deutschen Industrie e.V. ist Deutschland der wichtigste europäische Handelspartner Koreas und Korea ist nach China und Japan der drittwichtigste asiatische Handelspartner Deutschlands. Die bilateralen Handelsbeziehungen sind mit einer vergleichsweise ausgeglichenen Handelsbilanz gut ausgebaut. Beide Länder sind stark exportabhängig, was auch am generell großen Interesse an Freihandelsabkommen abzulesen ist. Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Südkorea - das erste der EU mit einem asiatischen Land - ist seit Juli 2011 in Kraft. Vereinbart wurde eine vollständige Abschaffung der Einfuhrzölle auf alle Industriegüter innerhalb von sieben Jahren. Darüber hinaus entfallen weitgehend die Zölle auf landwirtschaftliche Erzeugnisse, wenn auch mit einigen Ausnahmen und zum Teil über lange Zeiträume. Hinzu kommen Vereinbarungen zum Abbau von Handelshemmnissen und Verbesserungen beim Marktzugang für Anbieter von Dienstleistungen.Da deutsche Anbieter vor allem Maschinen, Autos und chemische Erzeugnisse nach Südkorea exportieren, profitieren sie vom Zollabbau bei diesen Produkten. Tatsächlich stieg seit der Anwendung des FHA vor allem der Wert der deutschen Lieferungen von Pkws, chemischen Erzeugnissen, Metallen und Metallerzeugnissen sowie Mess-, Analysen- und Kontrollgeräten. Deutsche Anbieter profitieren auch von der Wiederzulassung deutscher Schweinefleischausfuhren.
Damit sind auch schon wichtige Bereiche des deutschen Exports nach Korea genannt. Deutsche Produkte genießen in Korea seit jeher den Ruf der Hochwertigkeit, Langlebigkeit, Präzision und Sicherheit, egal, ob es sich dabei um Autos, Fabrikmaschinen, optische Geräte, Waschmaschinen, Staubsauger, Messer, Schnellkochtöpfe oder Medikamente handelt.
In umgekehrte Richtung gelten als wichtigste Exportprodukte Koreas nach Deutschland Schiffe, Halbleiter, Straßenfahrzeuge und Autos, Autoreifen, Elektronik wie Handys, Faxgeräte, Navigatoren, Fernsehapparate, Telefone, Computer- und Computerzubehör, Computerspiele, Elektrodiagnosegeräte, chemische Erzeugnisse, Metalle und Metallerzeugnisse und vieles mehr. Im Bewusstsein der meisten deutschen Verbraucher dürfte aber nur ein Bruchteil der genannten Produkte mit Korea assoziiert werden.
Ein aufstrebender Bereich der bilateralen Zusammenarbeit ist in den letzten Jahren neben den klassischen Handelsbeziehungen in den eben genannten Bereichen die Forschung und Entwicklung. Durch den steilen wirtschaftlichen Aufstieg der letzten Jahrzehnte, gepaart mit einer rasanten technologischen Entwicklung, ist Korea mittlerweile zu einem wichtigen High-Tech-Standort geworden. Als Stärken sind insbesonders der Informations- und Kommunikationstechnologie-Sektor zu nennen, aber auch die Bio- und Nanotechindustrie. Nicht zu vergessen der Bereich Neue und Erneuerbare Energien, der von der Regierung Lee im Rahmen der Strategie Grünes Wachstum besonders propagiert wurde. D.h. auch z.B. in den Bereichen Photovoltaik oder Solarenergie bestehen Wirtschaftsbeziehungen, ebenfalls in der Medizintechnik. Die F&E-Zusammenarbeit wird aktiv durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung und das koreanische Ministerium für Wissen und Wirtschaft unterstützt. Grundlage für die bilaterale Zusammenarbeit ist das Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Korea über wissenschaftlich-technologische Zusammenarbeit vom 11. April 1986, das in der Folgezeit durch zahlreiche Einzelvereinbarungen zwischen Hochschulen sowie Forschungs- und Forschungsförderinstitutionen beider Länder ergänzt wurde.
In dem Zusammenhang ist es vielleicht auch interessant zu erfahren, dass besonders enge Wirtschaftsbeziehungen zwischen Korea und dem Bundesland Nordrhein Westfalen bestehen. Über 70 koreanische Unternehmen sind in NRW ansässig, darunter renommierte Firmen wie LG Electronics und LG Display. Außerdem haben sich Doosan Infracore, der größte Maschinenbauer Koreas, und POSCO, der viertgrößte Stahlhandelskonzern der Welt, in NRW niedergelassen. Seit 2004 hat sich das Investitionsvolumen koreanischer Firmen in Nordrhein-Westfalen um beachtenswerte 70 Prozent erhöht: Bis Ende 2010 investierten sie insgesamt 595 Mio. Euro. Und es ist mittlerweile noch mehr geworden bzw. wird noch mehr werden, denn am 15. August 2012 kam es bei der gamescom, der weltweit größten Messe für interaktive Spiele und Unterhaltung, zur Unterzeichnung eines MOUs zwischen NRW.INVEST und der Film- und Medienstiftung NRW mit der Korea Creative Content Agency (KOCCA), der koreanischen Regierungsagentur für die Förderung der Medienindustrie. Die Vereinbarung soll dazu beitragen, die wirtschaftliche Vernetzung zwischen NRW und Korea in der Gamesbranche zu intensivieren und zukünftige Ansiedlungen von koreanischen Unternehmen in NRW zu fördern.