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Nordkorea

Die Wohnsituation in Nordkorea in Film und Fernsehen

#Schritte zur Wiedervereinigung l 2024-01-10

Schritte zur Wiedervereinigung

ⓒ KBS News
Sobald in Nordkorea neue repräsentative Gebäude oder Wohnungen gebaut werden, ist das ein Thema in den Staatsmedien. In einem Video über die Songhwa-Straße, die 2022 in Pjöngjang fertigstellt wurde, sagt eine Reporterin aus dem Aufzug eines Hochhauses, die Würde der Bürger habe sich passend zum Gebäude erweitert. Das Video besteht zum größten Teil aus einer Panoramasicht auf die Straße. Andere Teile des Hochhauses wurden nicht gezeigt. Es ist selten, eine Innenansicht nordkoreanischer Wohnungen zu bekommen. Nordkorea produziert Filme und Fernsehserien in der Regel nach dem Prinzip des sozialistischen Realismus. Oft wird die Realität idealisert dargestellt. Eine Serie von 2017 mit dem Titel “Das Leuchten Nordkoreas” handelt von Konflikten zwischen den Figuren um den Bau eines Schmelzofens an einer Mine. In der Serie sieht ein Haus mehr wie ein offener Raum für die Gemeinde als ein Privatbereich aus. Zur Darstellung der Wohnsituation in nordkoreanischen Filmen und Serien sagt die Nordkorea-Forscherin Park So-hye: 

“Das Leuchten Nordkoreas” spielt während der Regierungszeit von Kim Jong-il in einem Dorf der nördlichen Provinz Jagang. Die ländlichen Häuser von damals zeichnen sich duch niedrige Wände und Zäune sowie nicht abgesperrte Eingangstüren aus. Die Häuser bilden eine horizontale Landschaft, die sich mit der Natur vermischt. In der TV-Serie gibt es keine Wohnungen mit Türen. Der Wohnbereich ist mit Türschwellen, aber nicht mit Türen unterteilt. Er ist für jeden offen. Möbel und Haushaltsgeräte, darunter etwa Schreibtische, Regale, Schränke und ein Fernseher, stehen an einer Seite aufgereiht. Es ist mehr ein Gemeinschafts- als ein Privatraum. 

Koreaner sitzen traditionell auf den mit einer Heizung ausgestatteten Böden. Nordkoreas Republikgründer Kim Il-sung hob immer wieder das traditionelle Bodenheizungssystem Ondol hervor. Auch sein Sohn Kim Jong-il betonte die Bedeutung des Ondol-Systems. Unter der jetzigen Herrschaft des Enkels Kim Jong-un ist es normal, in den Hochhaus-Apartments auf Stühlen oder Sesseln zu sitzen. In “Das Leuchten Nordkoreas” reden die Bewohner über die Probleme bestehender Häuser und Wohnungen und beschließen, neue zu bauen:

Es gibt Episoden, wie sich die Figuren über die ländlichen Wohnungen beklagen und sich wünschen, neue zu bauen. Zum Beispiel müssen Eltern gegen ihren eigenen Willen die Hochzeit ihres Sohns absagen, weil seine Wohnung zu klein ist. Eine Frau kann sich keine Dauerwelle legen, weil dannn sonst die ganze Wohnung nach der Haarlotion riechen würde. Die Bewohner kommen zu dem Schluss, sie sollten neue Wohnungen auf moderne Weise nach dem Motto bauen: „Wir werden Wohnungen mit Sitzgelegenheiten bauen, um die Bedürfnisse der neuen Ära zu erfüllen“. Während die Apartments in den Hochäusern unter Kim Jong-un ermöglichen, auf Stühlen zu sitzen, sind die älteren Wohnungen noch dem alten Lebensstil entsprechend eingerichtet. In dem TV-Film „Unsere Nachbarn“ sitzen die Bewohner eines Hochhauses noch immer auf dem Boden. In der Küche gibt es einen Tisch mit Stühlen, doch die Familie setzt sich dort nie hin. Obwohl Nordkorea eine Modernisierung anstrebt, wohnen viele Menschen noch so, wie es alten Lebensgewohnheiten entspricht. 

Mit den Veränderungen der Innenausstattungen sind die Räume in den heutigen Wohnungen für verschiedene Zwecke eingerichtet. Der Film „Die Geschichte unserer Wohnung” von 2016 dreht sich um ein Mädchen, das die Mittelschule absolviert hat und sich nun um die verwaisten Geschwister einer benachbarten Wohnung kümmert. Es ist die Geschichte einer realen Person namens Jang Jong-hwa. Den Hintergrund bildet zu Beginn eine ländliche Wohnung in dem unweit von Pjöngjang gelegenen Ort Kangson. Die Hauptfigur erhält später die Jugendvorbild-Medaille und zieht in eine neue Wohnung ein, die vom Staat gestellt wurde: 

“Die Geschichte unserer Wohnung” zeigt, wie sich die Einrichtung der neuen Wohnung von derjenigen der alten unterscheidet. Die neue Wohnung hat getrennte Schlafzimmer einschließlich der Kinderzimmer, außerdem ein Wohnzimmer sowie eine Küche. Die Aufteilung deutet an, welche Richtung Nordkorea bei neuen Wohnhäusern einschlagen will. Ein Wohnungsdesign, das persönlichen Raum schafft, ist wichtig geworden. Die persönlichen Räume sind durch Türen voneinander getrennt. 

Bedeutsam sind die separaten Küchen und Studierzimmer. In den alten nordkoreanischen Wohnungen wurde der zentrale Raum in der Regel vom Kopf des Haushalts, meistens also vom Ehemann oder Vater, eingenommen. Über die jeweilige Benutzung der Räume wurde entsprechend einer Hierarchie innerhalb einer Familie entschieden. Das hat sich geändert:
 
Im TV-Drama “Das Leuchten Nordkoreas” wird die Küche als Ort gezeigt, wo gekocht und geheizt wird, und wo Frauen die Hausarbeit erledigen. Die Küche gleicht nicht den anderen Räumen, weil sie niedriger gebaut wurde. Der Ehemann nähert sich der Küche, um nach Wasser zu fragen, doch er tritt nicht ein. Die Frau gibt ihm Wasser in einer Schüssel, die normalerweise Reis oder Nebengerichte enthält. Ihre Funktion wird nicht klar. In “Die Geschichte unserer Wohnung“ putzt das Mädchen in ihrer alten Wohnung Reis, bereitet Essen vor und beugt sich nach unten, um Nudeln in eine Suppenschüssel auf dem Boden zu geben. In der neuen Wohnung benutzt sie einen Becher, keine Schüssel, um Wasser zu trinken. Das bedeutet, ein neuer Konsumartikel wurde erschaffen. Das zeigt ein kapitalistisches Element, wonach unterschiedliche Produkte für verschiedene Zwecke gebraucht werden, und kein sozialistisches Element, das Wert auf den Gebrauch legt. 

Im Film “Unsere Nachbarn”, der 2013 von der zentralen Fernsehstation ausgestrahlt wurde, ist die Hauptfigur ein Fahrstuhlführer. Seine Familie und die Nachbarn wohnen im 10. Stock eines Hochhauses in Pjöngjang, während andere Filmfiguren im 21. Stock wohnen. Der Film zeigt, wie sich  die Wohnungskultur verändert hat:

In einer der Szenen von “Unsere Nachbarn” arbeitet der Vater in der Küche. Er trägt eine Schürze und Gummihandschuhe. Das war früher unvorstellbar. Die Küche ist genau so hoch gelegen wie das Wohnzimmer und die Schlafzimmer, was eine Angleichung innerhalb der Wohnung zeigt. Die Küche ist für den Mann zugänglich geworden. Perönliche Räume werden geschaffen, während die Küche und das Wohnzimmer zu Gemeinschaftsräumen werden, in denen sich die ganze Familie aufhält. 

Unter Kim Jong-un wurden Apartments in Hochhäusern für eine bestimmte Schicht eingerichtet. Der Zweck dieser Maßnahmen war es, zu zeigen, dass das Land dabei ist, die Lebensverhältnisse der Bürger zu verbessern und dass Pjöngjang modernisiert wird. Experten sagen, dass die Regierung damit zugleich vorher noch nicht bestehende Bedürfnisse und Wünsche nach neuen Möbeln und Produkten geweckt habe: 

Jetzt, da ein Kinderzimmer geschaffen wurde, kann auch ein Kinderbett und ein Schreibtisch ins Zimmer gestellt werden. Kinder können das ganze Zimmer für sich haben, wo sie mit ihren Lieblingspuppen und Spielzeug spielen können. Das nehmen wir für selbstverständlich. Doch in Nordkorea war das früher nicht der Fall. Wir können verstehen, dass sich das Konsumverhalten zusammen mit dem Raumveränderungen ändert. Die Aufteilung in persönlichen Räumen führt auch dazu, Kinder zu Individuen zu machen. In der nordkoreanischen TV-Serie „Warten auf den Vater” besteht die Dekoration über dem Kinderbett aus eine japanischen Trickfigur. Die Eltern können Geld für Kinderprodukte wie diesem ausgeben, weil ihre Wohnung ein getrenntes Zimmer für das Kind hat. In den alten Wohnungen wurde der Schlafraum und auch der Studierplatz von der ganzen Familie geteilt. Es war schwierig, an Kinderprodukte zu kommen. Solche Produkte können von Leuten gekauft werden, die es sich finanziell leisten können, Wohnungen mit getrennten individuellen Räumen zu haben. 

Durch den Bau von immer mehr Hochhäusern veränderte sich auch die Kultur des Umzugs in eine neue Wohnung oder ein neues Haus. In „Das Leuchten Nordkoreas“ zum Beispiel beladen die Bewohner des Minendorfs einen blauen Lastwagen, mit dem jemand umzieht. Der Umzug wird als eine gemeinsame Aufgabe dargestellt, die die Dorfbewohner mobilisiert. Die Serie “Warten auf den Vater” zeigt eine Familie, wie sie aus einem Hochhaus auszieht. Doch die Familienmitglieder tragen ihre eigenen Koffer, legen sie in einen Wagen und fahren dann zum Flughafen. Die Schaffung persönlicher Räume in den Wohnhäusern in Nordkorea hat eine bedeutsame Auswirkung auf den Alltag der Menschen. In „Unsere Nachbarn“ drängen die Eltern ihren Sohn, die Treppen zu benutzen, statt mit dem Aufzug zu fahren, um sein Gewicht zu kontrollieren. In einer Szene spricht eine Person über “regenerative Medizin” für die Gesundheit der Familie. In früheren Serien wurde Medizin nur kranken Menschen verabreicht. Doch in der neueren Serie nehmen die Bewohner eines Hauses in Pjöngjang auch Medizin und Nahrungsergänzungsmittel zu sich, um ihre Gesundheit allgemein zu stärken. 

Indem der Wohnraum individueller wird, ändert sich auch die Innenausstattung. Früher konnte man Porträts der früheren Machthaber Kim Il-sung und Kim Jong-il an den Wänden sehen. In „Das Leuchten Nordkoreas“ hängt eine Plakette an der Wand mit dem Schriftzug „Familie des Generals“. Doch solche Porträts und Plaketten hängen jetzt nicht mehr in den Hochhauswohnungen. Es gibt dort Bilder von Blumen oder Landschaften. Auch enthalten die Bilderrahmen ein Familienfoto, nicht solche mit den Gesichtern der Machthaber. Das zeigt, dass der persönliche Geschmack wichtig ist für eine glückliche Familie. Auch eine Innendekoration, die aus einer Weltkarte besteht, deutet auf Kim Jong-uns Globalisierungskurs hin. 

Die Wohnungen, die in nordkoreanischen Filmen und TV-Serien gezeigt werden, zeugen von den Veränderungen in der Wohnkultur des Landes. Wie der neue Wohnraum das Konsumverhalten der Bewohner und ihren Alltag weiter verändert, wird sich später zeigen.

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