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Nordkorea

Nordkoreas Duftstoffe-Industrie

#Schritte zur Wiedervereinigung l 2023-11-29

Schritte zur Wiedervereinigung

ⓒ KBS News
Haben Sie den Ausdruck “Scent-Tech”, oder Duftstoffe-Tech, schon einmal gehört? Dabei werden digitale Technologien, wie etwa künstliche Intelligenz und das Internet der Dinge, angewandt. Digitale Parfümerie, bei der die idealen Duftkombinationen unter Verwendung von KI oder digitaler Geruchstechnologie erschlossen werden sollen, ist ein gutes Beispiel dafür. Die relevante Forschung wird auch im medizinischen Bereich genutzt, etwa beim Aufspüren von Krebszellen durch sogenannte elektronische Nasen. Der Duftstoffemarkt hat besonders während der Corona-Pandemie an Popularität gewonnen. Anfang dieses Jahres hatten Studenten in Südkorea ein besonderes Parfüm entwickelt, das die Aufmerksamkeit auf sich zog. Das Parfüm sollte Erinnerungen eines nordkoreanischen Flüchtlings an sein früheres Leben erwecken, als er mit seinen Freunden auf dem Berg Paektu in Nordkorea gewandert war:

Wenn man das Parfüm riecht, kommt das Gefühl auf, als wenn man zu einem Picknick unterwegs ist. Nachher lassen sich die Düfte von Sandelholz und Moschus feststellen, was im Hintergrund die Atmosphäre des großartigen Paektu hervorruft. 

Wie in diesem Fall können bestimmte Düfte Erinnerungen an vergangene Erlebnisse oder Wahrnehmungen wachrufen. In Nordkorea selbst haben Parfüms in der Literatur des Landes keine sehr positive Bedeutung. Zu Parfüms und zur Duftstoffe-Industrie in dem Land sagt Yee Ji Sun vom Koreanischen Institut für Nationale Vereinigung in Südkorea:  

Parfüms werden in der nordkoreanischen Literatur oft negativ beschrieben. Der Ausdruck “riecht wie Parfüm” wird verwendet, um eine Person im Westen als habgierig und korrupt zu beschreiben. Ein starkes und exotisches ausländisches Parfüm hat ein negatives Image. In dem Beitrag „Das Gefühl der Zivilisation“ in „Die Literatur Nordkoreas“ vom August 2000 zum Beispiel stellte eine Person vor, die jeden Tag ihren Körper mit einem bekannten französischen Parfüm besprüht. Sie wird als Südkoreanerin beschrieben, die blind den US-Trends folgt. Auf ähnliche Weise wird eine Person, die einen starken Parfümgeruch verbreitet, als ein Industriespion bezeichnet.

In einem ungewöhnlichen Fall kommt ein Mann in einer nordkoreanischen Kurzgeschichte von 2018 mit dem Titel „Ich liebe Dich“ vor, der Parfüm verwendet. Die Erzählung von Ryom Ye-song beginnt mit der Heldin Yu-jong, die gerade eine Dauerwellenlotion entwickelt hat und dabei ist, das Produkt einzuführen. Doch der männliche Protagonist Jong-in, der zum Leiter des Forschungszentrums ernannt wurde, schiebt Yu-jongs Pläne hinaus. Die Erzählung handelt vor allem von der Politik Nordkoreas, die lokale Produktion von Leichtindustriegütern zu fördern. Machthaber Kim Jong-un betonte seit Beginn seiner Herrschaft immer wieder, wie wichtig es sei, Produkte lokal herzustellen. Als er 2015 die Pjöngjanger Kosmetik-Fabrik besuchte, wies er die Beamten an, die Qualität der Kosmetikprodukte auf Weltniveau zu bringen:

Unser geliebter Anführer hat uns gelehrt, mit Zähnen und Klauen Kosmetika herzustellen, die mit weltbekannten Produkten konkurrieren können. 

Im Jahr 2016 führte Nordkorea den Slogan „Eigenständigeit zuerst“ ein. In der Erzählung “Ich liebe Dich” kämpft Yu-jong damit, eine Dauerwellenlösung lokal zu entwickeln. Die Szene soll die Direktiven der Führung verdeutlichen:

Indem sie schnell auf die Parteipolitik reagiert, ist die nordkoreanische Literatur sehr konservativ, was wirkliche Veränderungen betrifft. Sie ist bei neuen Produkten oder Technologien sehr vorsichtig, die das Leben der Menschen erweitern können. So genießt etwa die Schicht der Neureichen oder die Mittelklasse in Pjöngjang ihren Kaffee in Cafés in Pjöngjang, und sie trinken abgefülltes Wasser anstatt Leitungswasser. Im Einklang mit der wachsenden Zahl an Handy-Nutzern bestellen viele Einheimische Produkte über ihre Smartphones. Doch diese Veränderungen kommen nicht in der Literatur vor. Sie liefert keine umfassende Beschreibung der Verbrauchertrends einer bestimmten Schicht oder von Elementen, die eine Disharmonie zwischen den Schichten schaffen und die Ethik des Kollektivismus verletzen könnten. Doch wenn es um die Politik der Regierung geht, vermittelt sie diese auf überzeugende Weise. 

In der erwähnten Kurzgeschichte riecht der Protagonist das Parfüm:

Ich konnte den subtilen Duft des Parfüms riechen. Es war ein ungewöhnlicher Duft, den er nicht von der Hochschule her kannte…Einige Menschen werden von ausländischen Dingen angezogen, sobald sie im Ausland studiert oder gelebt haben. Wegen solcher Menschen werden Dinge, die zu meinem Land gehören – Dinge, für die die Menschen hart gearbeitet haben – ignoriert. Das ist herzzereißend. 

Yu-jong ist enttäuscht von dem Parfüm: 

Der Duft von Jong-ins Parfüm macht Yu-jong fälschlicherweise glauben, dass er ein eitler Mann ist, der ausländische Produkte bevorzugt und Dinge seines eigenen Lands missbilligt. Der ungewöhnliche Duft könnte von einem Parfüm sein, aber auch ein verführerischer Duft des anderen Geschlechts, wie Pheromon. Das heißt, Yu-jong könnte sich zu Jong-in hingezogen fühlen. Das könnte der Grund sein, dass Yu-jongs Moral mit ihrem Geist kollidiert. 

Jong-ins Parfüm kontrastiert mit dem starken Geruch eines chemischen Reagens, das von Yu-jong entwickelt wurde. Der Geruch des Reagens repräsentiert das Niveau der nordkoreanischen Technologie: 

Im Gegensatz zum Duft in Jong-ins Parfüm ist der starke Geruch von Yu-jongs Reagens fast ein schlechter Geruch. Das deutet an, dass die Qualität der lokalen Produkte geringer ist als diejenige  ausländischer Produkte. Der starke Geruch des Reagens symbolisiert das Unvermögen Nordkoreas, mit der Weltklasse-Technologie Schritt zu halten, während Jong-ins Parfüm ein anderes Land repräsentiert mit fortgeschrittener Technolgie. Die Erzählung zeigt, dass es wichtig ist, die Qualität der lokalen Produkte auf Weltniveau zu bringen. 

Yu-jongs Mutter besprüht die Kleider ihrer Tochter mit einem Duftstoff, der wie ein Reagens riecht, das schlechte Gerüche überdeckt. Die Parfüms in der Geschichte spiegeln die Wahrnehmungsveränderungen im Land wider, was Duftstoffe und die relevante Industrie betreffen. Nachdem Kim Jong-un Ende 2011 die Macht übernommen hatte, gründete Nordkorea zusammen mit dem französischen Parfümhersteller Jean Niel eine Parfüm-Handelsfirma. Beobachter sagen, dass die Nachfrage nach Parfüms in Nordkorea zunehme:

Parfüms sind zu täglichen Bedarfsartikeln geworden, die das zivilisierte Leben in der Ära von Kim Jong-un unterstützen. Sie sind nicht lebensnotwendig, doch die Menschen benutzen sie, um eine gute Atmosphäre zu schaffen. Der wachsende Bedarf an Parfüms kann also heißen, dass eine kapitalistische Verbraucherkultur in dem kommunistischen Land Einzug gehalten hat. Es bedeutet auch, dass Nordkorea nun glaubt, dass Düfte wichtig sind, um Qualitätserzeugnisse herzustellen. Die Duftstoffe-Industrie umfasst nicht nur Parfüms, sondern die meisten Produkte, die wir gebrauchen, wie etwa Seife, Kosmetik, Shampoo et cetera. Andere Produkte, auf die die nordkoreanische Duftstoffe-Industrie ihren Fokus legt, sind Deodorants und Aromatherapie-Produkte. 

Bei der Ausstellung der nationalen Industriekunst von 2021 in Nordkorea wurden auch Parfüms, Duftkerzen und genießbare aromatische Produkte der Pjöngjanger Essenzöl-Fabrik vorgestellt. Die staatlichen Medien berichteten, dass die Fabrik natürliche Parfüms unter Verwendung von Blumen, Blättern, Früchten und Samen, die sich in den Bergen und auf den Feldern des Landes finden, entwickelt habe:

Das Forschungsinstitut der Pjöngjanger Essenzöl-Fabrik hat aktiv Projekte unternommen, um natürliche Parfüms von hoher Qualität zu entwickeln, und es hat dabei Resultate erzielt. 

Den Medien zufolge haben die Parfüms unter anderen einen Duft nach Äpfeln, Pfirsichen, Erdbeeren und Ginseng. Auch würden solche Duftstoffe für Lebensmittel wie etwa Mandarinensoda, Apfel-Candies und Knabbereien mit Erdbeeraroma verwendet. Andere Produkte sind Kosmetika, die unter dem Markennamen „Frühlingsduft” verkauft werden, oder auch Gesichtsseifen und Reinigungsmittel. Im Oktober des vergangenen Jahres berichtete die nordkoreanische Propaganda-Website “Naenara”, die natürlichen Düfte und Parfüms unter dem Namen „Okryu“, die von der Fabrik in der Hauptstadt hergestellt würden, seien gut vom Markt aufgenommen worden: 

Ein Artikel mit dem Titel „Die Pjöngjanger Essenzöl-Fabrik“ wurde in der Januar-Ausgabe von 2021 des Magazins „Außenhandel der Demokratischen Volksrepublik Korea“ publiziert. Demnach integriert die Fabrik am Ufer des Flusses Taedong Forschung und Produktion, um natürliches, genießbares und industrielles Essenzöl herzustellen. Das Forschungsinstitut der Fabrik habe kompetente Forscher und moderne Anlagen. Es wurde vorhergesagt, dass die umweltfreundlichen, natürlichen Aromastoffe Nordkoreas eine große Nachfrage im internationalen Markt erzeugen würden. Nordkorea strebt die Kooperation mit anderen Ländern an, die an natürlichen Duftstoffen interessiert sind, um die Material- und Technologie-Basis der eigenen Duftstoffe-Industrie zu stärken. Auch hofft es, den Wert der Produkte als Exportgut zu erhöhen und die Industrie für die Strategie der wirtschaftlichen Entwicklung zu fördern. 

Nordkoreanische Propaganda-Medien berichteten 2020, dass das Land seinen eigenen Produktionsprozess für Parfüms, die Luxusgüter sind, etabliert habe. Die offizielle Zeitung Rodong Sinmun zeigte ein Innenfoto von der Sinuiju-Kosmetik-Fabrik. Die Arbeiter und Techniker hätten zuletzt einen neuen Prozess für die Parfümproduktion installiert, hieß es:

Die einheimische Parfümproduktion hat mit der nordkoreanischen Wirtschaftsstruktur zu tun, in der das Land nicht von Importen abhängen kann. Indem es eine Parfümfabrik errichtet, legte Nordkorea den Rahmen für die Produktion verschiedener Arten von Duftprodukten. Es wird gesagt, dass, wenn das Bruttoinlandseinkommen je Einwohner steigt, wechselt der sinnliche Konsumentenbedarf vom Geschmack zum Duft. Die Duftstoffe-Industrie dreht sich nicht nur um Parfüms. Viele Güter der Leichtindustrie, die im täglichen Leben gebraucht werden, wie etwa Kosmetika, Shampoos und Seifen benötigen Düfte, die daher in verschiedenen Bereichen nützlich sind. Es geht nicht nur um einzelne Produktmerkmale, sondern die Duftprodukte erweitern die individuellen Bedürfnisse und schaffen größere Wahlmöglichkeiten. Duftstoffe spielen dabei eine Rolle, die Qualität der Produkte zu verbessern. Nordkoreas Duftstoffe-Industrie wird sich voraussichtlich weiter entwickeln, weil sie auch mit den täglichen Bedarfsartikeln und auch der Lebensmittelindustrie verbunden ist. 

Die Duftstoffe-Industrie dehnt sich immer stärker auf die verschiedensten Bereiche aus. Es bleibt abzuwarten, wie sich Nordkoreas Duftstoffe-Industrie gegen die Widerstände durch die internationalen Sanktionen gegen das Land weiterentwickeln kann.

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