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Nordkorea

Kaffeekultur in Nordkorea

#Schritte zur Wiedervereinigung l 2023-11-22

Schritte zur Wiedervereinigung

ⓒ Getty Images Bank
Heiß wie die Hölle, schwarz wie der Teufel, rein wie ein Engel und süß wie die Liebe – so beschreibt der französische Politiker Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord den Kaffee. Kaffee gehört untrennbar zum modernen Menschen. Meist gibt es Kaffee schon morgens zum Frühstück, und es ist ganz normal, wenn man unterwegs zur Arbeit einen Becher Kaffee kauft.

Laut einer Untersuchung aus dem Jahr 2020 liegt der durchschnittliche Kaffeekonsum der Südkoreaner bei 367 Tassen pro Jahr, nur die Franzosen trinken mehr. Wie sieht es mit Nordkorea aus?

Über die Kaffeekultur in Nordkorea erfahren wir heute mehr von Dr. Yee Ji Sun vom Korea Institute for National Unification.

Kaffee kommt in der nordkoreanischen Literatur nur selten vor. Wenn es einen Bezug zur ehemaligen Sowjetunion gibt, wird der Kaffee am Morgen als eigene Kultur des Landes dargestellt. Wenn der Bezug jedoch Japan oder ein kapitalistisches Land ist, gilt Kaffee als Lieblingsgetränk einer korrupten Person. Wenn ein Nordkoreaner Kaffee trinkt, wird er als jemand dargestellt, der sich gegen die Gesellschaft richtet.

Das Auftauchen von Kaffee in der nordkoreanischen Literatur ist interessant. Ein Ausdruck wie „er schmeckt süß und doch bitter, und bitter und doch süß“ beschreibt ganz genau, wie die südkoreanische Instant-Kaffeemischung schmeckt. Nordkorea ist sehr kritisch gegenüber diesem exotischen Geschmack und gegen das Auftreten ehrgeiziger Machthaber, die sich an etwas Fremdes orientieren, wofür der Kaffee steht.

Seit den 1990er Jahren ist in den privilegierten Kreisen Nordkoreas um den ehemaligen Staatsführer Kim Jong-il sowie hochrangige Beamte, Diplomaten und ins Ausland entsandte Personen eine Kultur des Kaffeegenusses entstanden. Der ehemalige Vorsitzende des Präsidiums der Obersten Volksversammlung, Kim Yong-nam, war dafür bekannt, dass er zum Frühstück Brot, Butter, Kaffee und Milch hatte.

In Nordkorea ist Kaffee nicht nur eine persönliche Angelegenheit, sondern wird als eine Vorliebe angesehen, die den Kapitalismus symbolisiere.

Ein Café ist ein Ort, wo sich Menschen zufällig begegnen können. Ursprünglich wurde es als ein moderner Raum geschaffen, der den Leuten eine Möglichkeit zum Informationsaustausch bot. Erst in Paris wurden die Cafés zu einem Ort der Gespräche und Diskussionen. Mit dem Aufkommen des Kapitalismus entstand eine völlig neue Art von Konsumräumen, wie etwa Straßencafés. In Nordkorea, das den Kapitalismus ablehnt, wird der in solchen Cafés konsumierte Kaffee schnell mit der dekadenten Kultur der kapitalistischen Gesellschaft in Verbindung gebracht.

Einem Bericht der Internationalen Kaffeeorganisation zufolge haben die Kaffeeeinfuhren Nordkoreas in den 2000er Jahren erheblich zugenommen. In den zehn Jahren von 1990 bis 1999 importierte Nordkorea weniger als tausend Säcke mit je 60 Kilogramm Kaffeebohnen pro Jahr. In den 2000er Jahren begann das Importvolumen jedoch zu steigen. Bis 2012 wurden durchschnittlich 19.000 Säcke Kaffee pro Jahr importiert. Eine Tasse Kaffee enthält in der Regel sieben Gramm Kaffeemehl. Demnach trinken die Nordkoreaner jedes Jahr etwa sieben Tassen Kaffee pro Person. Die Menge ist zwar seit den 1990er Jahren gestiegen, aber im Vergleich zu anderen Ländern immer noch sehr gering. Der Pro-Kopf-Kaffeekonsum in Nordkorea betrug nur ein Vierzigstel desjenigen in Südkorea zur selben Zeit.

Der rasche Anstieg der Kaffeeeinfuhren hat offenbar mit dem Aufkommen verschiedener Cafés in Pjöngjang und anderen Großstädten Nordkoreas zu tun, die immer die neuesten Angebote haben. Seit Kim Jong-un an der Macht ist, gibt es immer mehr Cafés.

Wenn die Nordkoreaner Kaffee trinken wollen, können sie in Restaurants, Getränkeläden oder Teehäuser gehen. Das Sunrise-Restaurant, in dem schon Staatsführer Kim Jong-un Kaffee trank, ist für seinen einzigartigen und leckeren Kaffee bekannt. Lokalen Medien zufolge eignet sich ein Café im sechsten Stock des Haedanghwa(해당화)-Servicekomplexes für entspannte Gespräche in einer freundlichen Atmosphäre, dort gibt es auch Restaurants, Geschäfte, Wasserpark, Badehaus, Friseursalon und ein Fitnessstudio. Das Café bietet viele verschiedene Kaffee- und Teesorten, Fruchtgetränke und süße Snacks an.

Der Mansugyo(만수교)-Getränkeladen am Ufer des Pothong-Flusses ist berühmt für seine charakteristische Dachform die an ein aufgefächertes Blütenblatt erinnert. Er ist als ein gemütliches und stilvolles Kaffeehaus bekannt. Auch auf dem Taedong-Flusskreuzfahrtschiff Rainbow gibt es eine Kaffeebar. In neuen Geschäften und einem Restaurant wird dort Cappuccino und Mokka verkauft.

Nordkorea hat einiges getan, um mehr ausländische Touristen anzulocken, zum Beispiel auf der Strecke von Pjöngjang nach Wonsan. Das Sinpyong-Geumgang(신평금강)-Restaurant auf diesem Weg bietet Cappuccino, Espresso und Mokka sowie Gangryong(강령)-Grüntee an, einen wichtigen Exportartikel.

Der amerikanische Anbieter von Nordkorea-Reisen Uri Tours stellte 2013 in seinem Blog unter dem Titel „Kaffee in Nordkorea“ vier sehenswerte Cafés in der Innenstadt von Pjöngjang vor. Die vier Cafés sind das Pyongyang-Hotelcafé, ein Café am Taedong-Fluss, das Café im Haedanghwa-Komplex und ein Café am Sunan-Flughafen. Eine Tasse Kaffee soll dort drei bis vier Dollar kosten, für nordkoreanische Verhältnisse recht teuer. Die Cafés werden vor allem von den Neureichen des Landes, von hochrangigen Beamten und jungen Leuten für ihre Verabredungen genutzt. 

Kaffee war in Nordkorea einst nur der Oberschicht vorbehalten. Erst durch den Industriekomplex in Gaeseong wurde Kaffee in der Bevölkerung allgemein verbreitet.

Ich wollte, dass sie mehr arbeiteten, aber sie weigerten sich, Überstunden zu machen. Als ich ihnen aber sagte, dass ich ihnen zwei weitere Choco Pies geben würde, waren sie bereit, länger zu arbeiten.

Südkoreanische Firmen im gemeinsam genutzten, interkoreanischen Industriepark in Gaesong verteilten die sogenannten Choco Pies an die nordkoreanischen Arbeiter vor Ort. Der Schokoladenkuchen-Snack mit Marshmallow-Füllung war bei den Arbeitern dort sehr beliebt. Gleiches gilt für südkoreanisches Instant-Kaffeepulver. Die Kaffeemischung enthält Kaffeepulver, Zucker und Milchpulver für eine Portion.

Das Gute an der Instant-Kaffeemischung ist, dass man dadurch Koffein und auch Zucker schnell bekommt. Wer eine Diät macht, kann eine Variante mit halb so viel Kalorien ausprobieren. Es gibt auch Premium-Kaffeemischungen mit mehr Kaffeegeschmack. So wie bei den Snacks in der Kindheit gibt es in der Kaffeemischung bittere, süße und herzhafte Geschmacksrichtungen in einer Packung. Das ist das Beste am Instant-Kaffee.

Angeblich lieben die Nordkoreaner auch eine südkoreanische Kaffeemischung namens „Stangenkaffee“. Er war so selten und wertvoll, dass er als Gastgeschenk angeboten oder als Bonus-Prämie verschenkt wurde.

Als die nordkoreanischen Arbeiter die Kaffeemischung erstmals sahen, muss sie ihnen sehr ungewohnt vorgekommen sein. Aber als sie ihn dann probierten, hat er ihren Geschmack gleich erobert. Sie wollten immer mehr davon, aber die südkoreanischen Firmen haben die Menge angeblich auf zwei Päckchen pro Tag begrenzt.

Die südkoreanische Kaffeemischung galt in Nordkorea als Symbol des Wohlstands, und das Produkt verbreitete sich in Pjöngjang und einigen anderen Städten. Es galt als nobel, Gäste zu Hause mit der Kaffeemischung zu verwöhnen. Aufgrund der hohen Nachfrage und des begrenzten Angebots waren die Päckchen ziemlich teuer. Die Leute bewirteten Gäste damit oder prahlten mit ihrem Reichtum. Es wurde auch als Bestechungsmittel verwendet, ähnlich wie Zigaretten.

Nach der Schließung des Gaeseong-Industriekomplexes im Jahr 2016 wurden südkoreanische Kaffeemischungen auf privaten Märkten oder Jangmadang weiter gehandelt, als die Kaufkraft der Einheimischen stetig zunahm.

Angeblich stellt Nordkorea jetzt seinen eigenen Instant-Kaffee her. Die nordkoreanische YouTuberin YuMi erwähnte auf ihrem Kanal roten Ginseng-Kaffee. Er sieht aus wie die Instant-Kaffeemischung aus Südkorea.

Nordkorea hat seine eigene Instantkaffee-Marke Sambok entwickelt, die von dem Joint-Venture-Unternehmen Myohyang Sehui hergestellt wird.

Der in Pjöngjang hergestellte Sambok-Kaffee sieht fast genauso aus und schmeckt ähnlich wie südkoreanische Produkte. Seit Anfang 2016 wird der Sambok-Kaffee in Großstädten wie Pjöngjang, Sinuiju und Gaeseong vertrieben. Es gibt auch noch weitere Kaffeeprodukte.

Der rote Ginseng-Kaffee Gaeseong Koryo wird auf der Website des nordkoreanischen Außenhandelsministeriums stark beworben. Dort heißt es, dass der Kaffee die medizinische Wirkung von rotem Ginseng hat, man ihn also bei geistiger und körperlicher Ermüdung trinken kann. Roter Ginseng ist ein spezielles Exportprodukt, das Nordkorea sehr selbstbewusst vertreibt. Zur Herstellung dieser speziellen Mischung wurden Kaffee und Milch dem roten Ginseng Gaeseong Koryo hinzugefügt.

Für die Nordkoreaner ist es inzwischen selbstverständlich geworden, Gäste zu Hause mit Kaffee zu bewirten und sich beim Kaffee zu treffen. Früher wurde Kaffee nur von einigen hochrangigen Beamten getrunken, aber jetzt scheint er sich auch bei den einfachen Leuten durchzusetzen.

Ein weiterer Indikator für die Beliebtheit von Kaffee ist die Anzahl der Getränke mit Kaffeegeschmack, die in Nordkorea auf den Markt gekommen sind. Milchkaffee von der Firma Unha Taesong Foodstuff verkauft sich gut. Und eine Fabrik in Pjöngjang stellt funktionelle Milchprodukte her, darunter auch Milch mit Kaffeegeschmack.

Aber Google Maps zeigt, dass berühmte Cafés in Pjöngjang vorübergehend oder dauerhaft geschlossen sind. Es ist schwer zu sagen, was genau hinter dem Algorithmus von Google Maps steckt, aber es scheint, dass die Kaffeehäuser derzeit nicht reibungslos funktionieren. Ein Grund dafür könnten Lieferschwierigkeiten von Kaffeebohnen sein. Außerdem legt Nordkorea Wert auf lokal produzierte Tee-Produkte. Aus diesen Gründen ist der Stellenwert des Kaffees nicht mehr derselbe wie früher.

Ich glaube aber nicht, dass der Kaffee in Nordkorea ganz verschwinden wird, denn das Land hat begonnen, seine Grenzen wieder zu öffnen und muss etwas für die ausländischen Touristen tun. Ich denke, Nordkorea wird weiterhin Kaffeeprodukte herstellen.

Wenn man jemanden auf eine Tasse Kaffee einlädt, dann kann das auch bedeuten, dass man sich unterhalten will. Ob Süd- und Nordkorea je in der Lage sein werden, sich gegenseitig auf eine Tasse Kaffee einzuladen?

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