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Nordkorea

Haustierhaltung in Nordkorea

#Schritte zur Wiedervereinigung l 2023-05-03

Schritte zur Wiedervereinigung

ⓒ Getty Images Bank

Einer Umfrage über den Tierschutz zufolge, die das Landwirtschaftsministerium in Südkorea im vergangenen Jahr durchgeführt hat, besitzt einer von vier Südkoreanern ein Haustier. Von ihnen sind 75 Prozent Hundebesitzer. Bekleidungsartikel, Fellpflegeprodukte und selbst Hunderucksäcke gehören zu den konventionellen Haustierprodukten. Mittlerweile werden in Südkorea auch Haustierversicherungen und Touren für Haustiere und ihre Halter angeboten. Auch gibt es einen YouTube-Kanal für Haustiere, der PetTube heißt. Die lokale Industrie bewirbt kreative Programme und Dienste, die auch neue Technologien für Tierliebhaber einbeziehen. Mit dem Programm “Meta Seoul Pet” können Teilnehmer in einem virtuellen Raum Tiere adoptieren und sie aufziehen. Wie sieht die Kultur für tierische Begleiter der Menschen in Nordkorea aus? Gibt es sogenannte Pet-fams? Das Wort ist eine Kombination aus pets (Haustiere) und family. Zum Thema sagt Yee Ji Sun vom Korea-Institut für Nationale Vereinigung in Südkorea:


Über tierische Begleiter in Nordkorea ist nicht viel bekannt. Doch scheint es, als ob die Bewohner zu Interaktionen und emotionalen Beziehungen zwischen Mensch und Haustier bereit sind und dieses als Teil der Familie ansehen. Sowohl im Westen als auch im Osten haben die Menschen seit alters Tiere als ihre Begleiter aufgezogen. Es gab eine lange Tradition, in der Menschen in den oberen Schichten Tiere unter dem Viehbestand privater Haushalte ausgewählt haben. Im Einklang mit dem gestiegenen Einkommen in Südkorea nehmen immer mehr Südkoreaner Haustiere als Teil ihrer Familie auf. Heutzutage bevorzugen sie den Ausdruck “tierischer Begleiter” vor “Haustier”. In Nordkorea ist meistens von Viehzucht und vom praktischen Nutzen die Rede, wenn es um Tiere geht. Doch sehen einige ihre Tiere als Haustiere, die mit ihnen leben und ihnen als Mitglied der Familie Freude verschaffen. Sie bilden eine emotionale Bindung zu den Tieren. Doch ist das in der nordkoreanischen Gesellschaft kein allgmeiner Trend. 


Zahreiche Nordkoreaner halten Hunde als Haustier. Andere ziehen Kaninchen oder selbst Affen auf. In der modernen Gesellschaft gibt es Hunde, die auf bestimmte Bereiche spezialisiert sind, entweder als Such-, Spür- oder Rettungshunde. Viele Hunde warnen ihre Halterfamilien vor Eindringlingen. Die bekannteste Hunderasse in Nordkorea ist der Pungsan, der oft in den lokalen Medien beschrieben wird:


Der Pungsan-Hund ist mutig und aggressiv genug, um seine Gegner zu überwältigen. Selbst der Deutsche Schäferhund wird von diesem Hund besiegt. 


Der Pungsan wurde 2014 zum “nationalen Hund” erklärt. Er wurde auch als immaterielles Kulturerbe registriert. Bei einer Hundeshow werden die besten Pungsan-Exemplare ausgewählt. Um die Hunderasse zu bewahren, baute das Land Zuchtbetriebe. Auch wird ein Forschungsinstitut für sie betrieben:


In Nordkorea ist es das beste Merkmal eines Hundes, wenn er das Haus beschützt und seinen Besitzern gegenüber treu ist. In der nordkoreanischen Literatur finden sich Geschichten über Haustiere. Demnach wird zum Beispiel einem neuverheirateten Paar ein Hund als Geschenk gegeben. Wenn eine Hündin Junge zur Welt bringt, werden sie an die Nachbarn verteilt. In anderen Erzählungen werden junge Hunde beschrieben, die von ihren Familien geliebt werden. Hunde werden als soziale Freunde beschrieben, die mit Menschen Gefühle teilen. Der Pungsan wurde 1956 als natürliches Monument registriert. Der Republikgründer Kim Il-sung wies 1963 die Beamten an, den reinrassigen Pungsan zu bewahren, und das Land begann 1968 einen Zuchtbetrieb. Doch ist es den Einwohnern nicht erlaubt, den Pungsan als Haustier zu halten. 


Anlässlich des ersten innerkoreanischen Gipfeltreffens im Jahr 2000 beschenkte der damalige südkoreanische Präsident Kim Dae-jung den früheren nordkoreanischen Machthaber Kim Jong-il mit Jindos, einer Hunderasse aus Südkorea. Bis Anfang der 1980er Jahre war es fast unmöglich, in Nordkorea Hunde zu finden, die als Haustiere gehalten werden. Die Regierung kritisierte das Halten von Hunden als dekadentes Verhalten der oberen Schichten einer kapitalistischen Gesellschaft:

 

Nordkorea behauptete, dass eine kapitalistische Gesellschaft künstlich eine “unmenschliche Nachfrage” zu dem Zweck schuf, um Geld zu machen und das Leben der Verbraucher zu deformieren. Das Land kritisierte Leute, die große Geldsummen für Haustiere ausgeben. Das nordkoreanische Monatsmagazin “Chollima” veröffentlichte 1992 einen Artikel mit dem Titel “Haustiere, die zu Millionären werden”. In dem Artikel wurde die westliche Gesellschaft, in der Hunde oder Katzen besser als Menschen behandelt würden, ins Lächerliche gezogen, und machte sich über ausländische Berichte lustig, wonach Hunde oder Katzen ein Vermögen erben. In Nordkorea wird die Praxis, einen Hund gut zu füttern oder ihn zu waschen als typisches Beispiel einer Krankheit des Kapitalismus beschrieben. 


Seit dem Weltfestival für die Jugend und Studenten 1989 in Pjöngjang zogen immer mehr Nordkoreaner Tiere als Haustiere auf. “Chollima” berichtete dann 2001 überraschend, dass Hunde freundliche Tiere seien, die wichtig für das Leben der Menschen sein könnten:


Um das Weltfestival für die Jugend und Studenten 1989 herum drang zunehmend ausländische Kultur nach Nordkorea ein. Auch die Periode des mühsamen Marschs in den 90er Jahren veränderte die Lebensbedingungen in Nordkorea. Die Einwohner taten alles, um an Geld zu kommen und kauften und verkauften, was immer sie konnten. Einige begannen, Güter aus China einzuschmuggeln. Einige brachten es in der Zeit der extremen wirtschaftlichen Schwierigkeiten ironischerweise zu Wohlstand. Auch fanden Filme und TV-Serien aus dem Ausland, solche aus Südkorea eingeschlossen, in jener Zeit Eingang ins Land. In einigen der Filme waren niedliche Haustiere zu sehen, was eine Nachfrage nach kleinen Hunden schuf. 


Vom früheren Staatschef Kim Il-sung war bekannt, dass er einen Hund hatte. Sein Sohn Kim Jong-il spendete den lokalen Medien zufolge 100 Hunde, die er aufgezogen habe, an den Zentralzoo:

 


Unser lieber General schickte über die Jahre 100 Hunde von 33 Rassen an unseren Zoo. Jedes einzelne der tausende von Tieren im Zoo ist durchtränkt mit der warmen Liebe und Herzlichkeit des Generals. 


Die Kultur des Hundehaltens breitete sich in Nordkorea in gewisser Hinsicht von den Machthabern ausgehend auf die breite Öffentlichkeit aus:


Nordkorea öffnete 1975 einen Devisenladen, um Ausländer, die im Land lebten, Nordkoreaner, die aus dem Ausland zurückkehrten sowie nordkoreanische Arbeiter, die im Ausland arbeiteten, dazu zu bringen, ihr ausländisches Geld auszugeben. Der Laden verkaufte vor allem Artikel für den persönlichen Bedarf, wie etwa Alkohol und Tabak. Vom Ende der 90er Jahre an wurden auch Welpen angeboten. Einige kauften Haustiere, um offenbar ihren Status oder Wohlstand zu zeigen. In der Ausgabe vom 19. August 2001 schrieb Chosun Sinbo, eine pro-nordkoreanische Zeitung in Japan, dass das Aufziehen von Haushaltshunden nach dem innerkoreanischen Gipfeltreffen im Jahr davor unter den Bürgern in Pjöngjang in Mode gekommen ist. Es wird gesagt, dass viele Bürger an Feiertagen mit ihren Hunden entlang des Flusses Taedong in der Haupstadt spazieren gehen und dass neun weitere Tierkliniken in Pjöngjang entstanden, was die steigende Nachfrage nach Hunden widerspiegelt. 


Medienberichten zufolge wurden 2020 auf einer Buchausstellung in Nordkorea Titel wie “Wie Sie ihren Hund trainieren” oder “101 Nahrungsmittel für die Hundeerziehung” gezeigt. Gibt es in Nordkorea eine regerechte Haustierindustrie und Experten auf diesem Gebiet? 


Während Kang Hyung-wook in Südkorea als der bekannteste Hundetrainer gilt, ist Ok Jin-youg, der Leiter des Tierpflegezentrums am nordkoreanischen Landwirtschaftsforschungsinstitut, ein bekannter Spezialist für Pungsan-Hunde. Die offizielle Zeitung Rodong Sinmun bringt öfters Artikel über ihn. Doch ist er nicht wirklich Experte für Haushunde. Es gibt in Nordkorea auch Pungsan-Hundezüchter. 


1991 trat in Südkorea das Tierschutzgesetz mit dem Zweck in Kraft, die Misshandlung von Tieren zu verhindern und die Verantwortung der Haustierhalter für den Schutz und die Pflege ihrer Tiere zu betonen. Unter dem veränderten Tierschutzgesetz, das am 27. April dieses Jahres wirksam wurde, müssen Haustierhalter ihren Tieren angemessenen Raum bieten und sie genug füttern. Falls sie ihrer Pflicht nicht nachkommen und sie daran schuld sind, dass ihr Tier stirbt, droht ihnen eine Haftstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe von maximal  30 Millionen Won, was etwa 22.000 Dollar sind. Im Einklang mit der veränderten Wahrnehmung der tierischen Begleiter wächst auch die Haustierindustrie. Nach Angaben des koreanischen Instituts für ländliche Wirtschaft überstieg der Markt 2021 den Wert von umgerechnet 2,2 Milliarden Dollar. Bis 2027 könnte demnach der Wert 4,4 Milliarden Dollar betragen. In Nordkorea scheint es bisher keine Haustierindustrie zu geben: 


In vielen Fällen haben die Haustierhalter in Nordkorea ihre Tiere in der Wohnung, da zahlreiche Bewohner in Apartmenthäusern wohnen. Es fällt leicht, sich vorzustellen, dass kleine Hunde sehr beliebt sind. Die offizielle Zeitung “Koreanische Frauen” der Sozialistischen Frauenunion veröffentlichte 2019 einen Artikel mit dem Titel “Ein Haustier auswählen”. Das deutete an, dass die Nordkoreaner ein Haustier ihrer Wahl haben können, und dass es einen entsprechenden Markt gibt. Damit jedoch eine regelrechte Industrie daraus wird, die verschiedene Haustierartikel einschließlich Futter anbietet, sollte die Marktbasis weitflächig genug sein, um das Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage zu erreichen. Doch das ist noch nicht der Fall in Nordkorea. 


Wenn Menschen richtig mit ihren tierischen Begleitern leben wollen, sollten sie ihnen nicht nur Tierliebe entgegenbringen. Auch die übrigen Mitglieder der Gesellschaft sollten ihre Wahrnehmung über Haustiere ändern. Es bleibt zu hoffen, dass sich Süd- und Nordkorea über ihre Kultur und ihre Industrie, die sich den tierischen Begleitern zuwendet, miteinander austauschen.

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