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Nordkorea

Das Bier in Nordkorea

#Schritte zur Wiedervereinigung l 2022-07-27

Schritte zur Wiedervereinigung

ⓒ YONHAP News

In Südkorea ist Saisonhöhepunkt für “Chimaek”. Das Wort kombiniert “chi”, Hühnchen”, und “maek”, das für Maekju, Bier, steht. Es bezieht sich auf Brathühnchen, das zusammen mit Bier serviert wird. Das Gedeck ist so populär, dass “Chimaek” den Weg in das koreanische Wörterbuch geschafft hat. Besonders im Sommer sind die Bier-Bars, in denen auch Brathuhn bestellt werden kann, gut gefüllt. Das gilt auch für viele 24-Stunden-Geschäfte, vor denen man noch abends draußen sitzen kann. Viele Menschen lassen sich auch Huhn mit Bier von Lieferdiensten bringen. Gibt es eine Chimaek-Kultur in Nordkorea? Zum Thema sagt Jeong Eun Chan vom Nationalinstitut für Vereinigungserziehung: 


Ich erinnere mich, dass ich zusammen mit Freunden Bier trank, als ich in Nordkorea auf die Hochschule ging. Wir haben nicht wirklich Chimaek verzehrt. Wir genossen Bier als Softdrink. In Nordkorea wird Huhn bei speziellen Gelegenheiten als Gesundheitsmahl gegessen. Ich ließ mich 2004 in Südkorea nieder. Danach hörte ich, dass Leute der Oberschicht in Nordkorea Hühnchen mit Bier konsumieren. Doch denke ich, dass das nicht weit verbreitet ist. 


Die Nordkoreaner mögen starke alkoholische Getränke. In Nordkorea werden Getränke mit mehr als 30 oder 40 Volumenprozent Alkohol Spirituosen genannt. Bier wird als eine Art Softdrink gesehen. Bier kommt üblicherweise mit getrockneten Knabberartikeln auf den Tisch: 


Nordkoreanische Snacks sind zum Beispiel getrockneter Seelachs, kleine Sardellen, Muscheln sowie Tintenfisch. Die Snacks beim Bier variieren, das hängt von der Region und der Altersgruppe ab. Während die Älteren getrocknete Snacks bevorzugen, sind zahlreiche junge Menschen an Hühnchen und Bier interessiert, die es in großen Restaurants in Pjöngjang gibt. Doch wie gesagt, ich glaube nicht, dass das ein starker Trend ist. 


Neben den vier großen Biermarken in Nordkorea, Ponghak, Kumgang, Ryongsong und Taedonggang, gibt es noch verschiedene andere Brauereiprodukte wie Pyongyang und Kyunghung. Das berühmteste Bier ist nach wie vor Taedonggang. Es wird nach dem gleichnamigen Fluss genannt, der durch die Hauptstadt fließt. Das Bier wird in Nordkorea auch als “Volksbier” bezeichnet. Der 20. Gründungstag der Taedonggang-Bierfabrik in diesem Jahr wurde in den nordkoreanischen Medien breit beschrieben. Das Zentralkomitee der herrschenden Arbeiterpartei übermittelte dazu eine Grußbotschaft an die Arbeiter und Angestellten der Brauerei. 


Das älteste nordkoreanische Bier ist das Pjöngjang-Bier. Mit der Herstellung wurde bereits Mitte der 1950er Jahre begonnen. In den 80ern wurde von der Arbeiterpartei eine Bierfabrik gegründet, wonach auch die Marken Ryongsong und Ponghak eingeführt wurden. Das erste Dosenbier in Nordkorea, Kumgang-Bier, gab es 1996. Anfang der 2000er Jahre erfolgte für die nordkoreanische Bierkultur ein größerer Wendepunkt. Der damalige Machthaber Kim Jong-il zeigte großes Interesse an der Einrichtung einer größeren Brauerei, nachdem er 2001 die russische Baltika-Brauerei in Sankt Petersburg besichtigt hatte. Kim kaufte die britische Ushers Brewery, die 2000 geschlossen wurde. Die Anlage wurde Teil um Teil auseinandergenommen, in 30 Schiffscontainer gepackt und dann von Großbritannien nach Nordkorea transportiert. Sie wurde dann im Pjöngjanger Bezirk Sadong wieder aufgebaut und im Juni 2002 eröffnet. Die neue Brauerei stellte unter Verwendung von Computern Bier nach modernster deutscher Braumethode her. Das war der Beginn des Taedonggang-Biers. Die Medien berichteten damals, Kim Jong-il habe sich bei der Besichtigung der Produktion erfreut darüber geäußert, dass die Bürger nun zu jeder Jahreszeit kaltes Bier genießen könnten. Die Staatsmedien beschrieben das Produkt als “bestes Bier in ganz Asien”. Das Taedonggang-Bier wird abhängig vom Gersten- oder Reisgehalt in sieben verschiedenen Geschmacksrichtungen angeboten. Das Bier Nummer eins besteht ganz aus Gerste. Nummer zwei enthält weniger Malz und Bier Nummer fünf besteht aus 100 Prozent Reis. Nummer sechs und sieben sind dunkle Biere, die ein Kaffee- beziehungsweise Schokoladenaroma vorweisen:


Die sieben unterschiedlichen Versionen des Taedonggang-Biers haben ihren eigenen Geschmack. Das Bier Nummer eins zum Beispiel schmeckt bitter. Nummer zwei besteht aus 70 Prozent Gerstenmalz und 30 Prozent Reis. Es ist ein mildes, geschmackvolles Bier und unter den Nordkoreanern das beliebteste. Ich selber mag Nummer zwei. Wenn man nach Taedonggang-Bier in Google sucht, findet man eine Version, die einen Kreis um die Zwei hat. In einigen Versionen wird der Anteil an Gerste und Reis angezeigt. Das Bier hat einen Alkoholgehalt von fünf Prozent. 


Den nordkoreanischen Medien zufolge wird das Taedonggang mit Gerste, die aus der Provinz Hwanghae stammt, Hopfen aus Ryanggang, wo viel die Sonne scheint, sowie mit klarem Wasser aus den unterirdischen Nebenflüssen des Taedong produziert. Indem der Produktionsprozess modernisiert worden sei, biete das Bier einen speziellen Geschmack, heißt es. 2009 wurde im Staatsfernsehen ein Werbeclip für das Nationalbier gezeigt. Das war ein seltener Anblick in einem Land, in dem es im Fernsehen vergleichsweise wenig Werbefilme gibt. Der Werbefilm zum Taedonggang-Bier war für die Nordkoreaner eine Sensation. Es wird darin gesagt, das Bier habe aufgrund des höheren Gärungsgrads einen weichen, klaren und lieblichen Geschmack, und dass es mit der Norm ISO 9001 für Qualtiätsmanagementsysteme zertifiziert worden sei. Der Werbespot wurde jedoch dann einige Zeit nicht mehr gesendet, da er zugleich als kapitalistische Werbung kritisiert wurde: 


Werbung wird in Nordkorea negativ gesehen, da sie als Teil der kapitalistischen Kultur gilt. Doch Nordkorea zeigt in diesen Tagen viele Werbespots, solche für Bier, Kosmetikprodukte und Handys eingeschlossen. Nordkoreanische TV-Werbespots sind relativ lang und erklären die Produkte im Detail. Das ist in Südkorea nicht der Fall, wo Zeit ist Geld gilt, und wo die Menschen ihr Interesse schnell verlieren. In Südkorea müssen die Werbespots die beabsichtigte Botschaft auf rasche, klare und beeindruckende Art rüberbringen. Indem es die Produkte bewirbt, will Nordkorea ausländisches Kapital anziehen und sie auch in andere Länder exportieren. Unter dem derzeitigen Machthaber Kim Jong-un ist Nordkorea entschlossener, internationalen Trends zu folgen. Auch wenn die nordkoreanischen Werbespots im Vergleich zu solchen aus Südkorea simpel erscheinen, bezeugt schon die Tatsache, dass sie gezeigt werden, eine Veränderung gegenüber früher. Das ist schon bemerkenswert. 


Nordkorea veranstaltete im August 2016 sein ersten Bier-Festival, das Taedonggang-Bier-Festival. Es wurde auf einem Kreuzfahrtschiff auf dem Fluss Taedong abgehalten. Zusammen mit den verschiedenen Biersorten gab es auch was zu essen. Damals lud die nordkoreanische Regierung ausländische Journalisten und Botschafter ein. Auch zog es ausländische Touristen an, sodass das Festival bekannt wurde. Die lokalen Medien veröffentlichten einen positiven Kommentar eines deutschen Touristen. Während der Festivalzeit sendeten die nordkoreanischen Medien auch ein Sonderprogramm über die Taedonggang-Bierfabrik sowie über die Veranstaltung selbst. Beobachter gingen davon aus, dass das Festival der Außenwelt zeigen sollte, dass das nordkoreanische Regime trotz internationaler Sanktionen voll funktionsfähig ist. Zugleich sollte die Taedonggang-Marke als Exportware beworben werden: 


In einer Abkehr von der vorherigen Kim Jong-il-Ära hat der derzeitige Machthaber Kim Jong-un den starken Wunsch, sein Land der Außenwelt vorzuführen. Der junge Machthaber will zeigen, dass die Bürger wie auch in anderen Teilen der Welt die Freizeit und kulturellen Aktivitäten genießen können. Das ist der wichtigste Zweck des Bier-Festivals. Auf der wirtschaftlichen Seite will die nordkoreanische Regierung einen Teil der Devisen einsammeln, die im privaten Bereich im Umlauf sind. 


Nordkorea kündigte 2017 ein zweites Bier-Festival an. Doch wurde es später gestrichen, ohne dass dafür konkrete Gründe genannt wurden. 


Es gibt zahlreiche Lokale in Nordkorea. Die Kyonghunggwan-Bierbar, die im Bezirk Pothong-Fluss in Pjöngjang liegt, ist besonders berühmt. Alle sieben Taedonggang-Bier-Variationen werden dort angeboten. Die Zahl der täglichen Besucher liegt bei bis zu 1500. In Südkorea bezieht sich das deutsche Wort “Hof”, das normalerweise in koreanischer Hangeul-Schrift geschrieben wird, auf eine Bar oder ein Lokal, in dem es Bier gibt. Doch Nordkorea benutzt ein koreanisches Wort für “Bierbar”. Auch trinken die Bewohner in solchen Restaurants, an denen auf Schildern Bier als “Softdrink” angeboten wird: 


Im Prinzip sind ausländische Wörter in Nordkorea verboten, obwohl die Menschen in diesen Tagen Worte wie Kaffee und Espresso benutzen. Auch das Wort “Hof” verbreitet sich langsam unter den Bewohnern von Pjöngjang. Das Wort erscheint natürlich nicht im offiziellen Wörterbuch des Landes. Allgemein gebrauchen die Bewohner Wörter wie “Softdrink” oder “Bierbar”, wenn sie über Bier reden. Bier hat bereits während der Zeit unter Kim Jong-il viel Aufmerksmkeit bekommen. Hinzu kommt, dass das Regime hofft, demonstrieren zu können, dass die Nordkoreaner einen hohen Standard an Kultur und Freizeit haben. Es will Spekulationen im Rest der Welt zerstreuen, wonach das verarmte Land intern stark zu kämpfen hat. In diesem Kontext kann erwartet werden, dass Nordkorea Geschäfte und Veranstaltungen, die sich ums Bier drehen, weiter entwickeln wird. 


Da auf die Südkoreaner noch einige Hitzewellen zukommen, werden sie in dieser Jahreszeit noch mehr Chimaek genießen. Viele von ihnen hoffen, dass sie Chimaek eines Tages auch in Pjöngjang haben können. 

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