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Nordkorea

Populäre Musik in Nordkorea

#Schritte zur Wiedervereinigung l 2022-03-02

Schritte zur Wiedervereinigung

ⓒ KBS

Nordkorea versuchte zuletzt stärker, kulturelle Einflüsse von außen zu unterbinden. Bürger, die dabei erwischt werden, sich südkoreanische Videos anzusehen oder zu verbreiten, können unter einem neuen Gesetz gegen “reaktionäres Gedankengut” strenger bestraft werden. Trotzdem gibt es immer wieder Berichte, wonach sich südkoreanische TV-Serien und Popmusik in Nordkorea großer Beliebtheit erfreuen. Gibt es in Nordkorea selbst Popstars wie die südkoreanischen K-Pop-Gruppen und Sänger? Dazu sagt Jeon Young-seon vom Institut für Geisteswissenschaften und Vereinigung an der südkoreanischen Konkuk-Universität:


Man kann sagen, dass Nordkorea keine populäre Musik hat, wie wir sie im Allgemeinen kennen. Der Staat entscheidet über eine bestimmte Musikart und verbreitet sie unter den Menschen. Hymnen, die den obersten Machthaber preisen, werden als die typischste Form der populären nordkoreanischen Musik gesehen. Darüber hinaus gibt es Lieder, die die Parteipolitik und die Revolution unterstützen. Nordkorea benutzt den Ausdruck “Volkskultur” statt Popkultur, das heißt, alle Kulturformen kreisen um die Menschen und sollten deshalb die Gefühle der Menschen widerspiegeln. Doch im nordkoreanischen Regime ist es die Partei, die die Gefühle der Menschen repräsentiert. Lieder, die die Parteipolitik unterstützen, umfassen die Musik für die allgemeine Öffentlichkeit.


Nordkorea hat seine eigenen populären Sänger wie etwa Hyon Song-wol, der früheren Leiterin des Samjiyon-Orchesters. Das nordkoreanische Ensemble trat auch in Südkorea auf, um die Olympischen Winterspiele 2018 in Pyeongchang zu feiern. Die Sängerinnen waren damals in ihrer Heimat berühmt. Doch gibt es in Nordkorea keine richtigen Popstars, und Sänger und Sängerinnen arbeiten als Beamte: 


Im Gegensatz zu Südkorea, wo Musiker individuell auftreten oder von Unterhaltungsagenturen vertreten werden, gehören die Künstler in Nordkorea zu staatlichen Organisationen als qualifizierte öffentliche Beamte. In Südkorea werden Personen manchmal auf der Straße als mögliche Stars entdeckt oder kommen zu schnellem Ruhm. Doch solche Fälle gibt es in Nordkorea nicht. Einige nicht-professionelle Künstler erhalten die Gelegenheit, sich musikalisch zu engagieren, wenn sie sich in lokalen Wettbewerben auszeichnen. Wenn sie als qualifiziert eingestuft werden, können sie Künstlergruppen zugeteilt werden.


Lieder sind oft wirksamer als Reden oder Dokumente, um Menschen in Erregung zu versetzen oder wichtige Botschaften weiterzugeben. Daher ist die Musik in Nordkorea nicht für das individuelle Vergnügen gedacht. Sie wird eher als Mittel der Propaganda und der Agitation gesehen. Die Texte gehen über persönliche Gefühle hinaus und sollten klar und konkret sein: 


Was am meisten bei nordkoreanischen Liedern zählt, ist die Botschaft. Die Melodie ist einfach ein Mittel, um den Text zu transportieren. Was die Südkoreaner “Kultur und Kunst” nennen, wird von den Nordkoreanern als “Literatur und Kunst” beschrieben. Literatur bedeutet dabei Geschichten, die typischerweise einen Anfang, einen Erzählkörper und ein Ende haben, um eine bestimmte Botschaft zu liefern. Wenn die Botschaft auf musikalische Weise weitergegeben wird, wird es zu einem Lied. Wenn die Botschaft die Form eines Bildes hat, wird es Kunst. Nordkoreanische Kunst hat den konkreten Zweck, die Parteipolitik auf unterhaltsame Weise der Öffentlichkeit näher zu bringen.


Die Texte oder Themen nordkoreanischer Lieder werden meistens von der Literatur inspiriert. In vielen Fällen enthalten Buchsammlungen über frühere Machthaber das Hauptthema der Lieder: 


In Nordkorea werden einige Erzählungen immer wieder als wichtige Quelle der Kultur und Kunst reproduziert, so wie etwa die griechische oder römische Mythologie und die Bibel die Grundlage der europäischen Kultur bilden. Erzählungen über den Staatsgründer Kim Il-sung wurden konstant als neue Geschichten und Kunst neu geschaffen. Das ist der Grund, warum eine Reihe von Büchern über seinen revolutionären anti-japanischen Kampf mit dem Titel “Unsterbliche Geschichte” als so wichtig angesehen wird. Ähnlich beschreibt die Reihe “Unsterbliche Führung” die revolutionären Errungenschaften des früheren Machthabers Kim Jong-il. Diese Buchsammlungen werden bis heute verändert und ergänzt. Die Reihe “Unsterbliche Reise” über den jetzigen Machthaber Kim Jong-un wird wahrscheinlich ein wichtiges Thema für die Kultur und Kunst des Landes sein. 


Während die meisten nordkoreanischen Lieder die Machthaber preisen und die Politik fördern sollen, enthalten einige der Stücke auch Motive des täglichen Lebens der Menschen und ihre Gefühle. Anders als revolutionäre Lieder haben diese “Lebenslieder” einen mitreißenden Rhythmus, und sie sind unter den Nordkoreanern sehr beliebt. Die Lieder sollten in bestimmten Stilen vorgetragen werden, etwa “süßlich und aufheiternd” oder “im schnellen Tempo”: 


Kunst wird von der jeweiligen politischen und wirtschaftlichen Situation beeinflusst. In den 1980er Jahren war die nordkoreanischen Wirtschaft stabil, und Kim Jong-il wurde zum Machtnachfolger ernannt. Damals trat die erwachsene Nachkriegsgeneration in die Arbeitswelt ein. Sie war nicht wirklich an der anti-japanischen Revolution oder am Krieg interessiert. Nordkorea benötigte Lieder, die die Gefühle der neuen Generation reflektierten. Die Musik kam mit optimistischen Melodien daher. Zu den “Lebensliedern” gehörten “Frauen sind Blumen”, “Flüsternde Mädchen” und “Das Stadtmädchen kommt zur Heirat ins Dorf”.  


Das Lied “Das Stadtmädchen kommt zur Heirat ins Dorf” wurde 1990 vom Volkskünstler Ri Jong-oh komponiert und von der populären Sängerin Ri Kyong-suk gesungen. Das beliebte Lied wurde drei Jahre später sogar zu einem Film verarbeitet. Es gehört zur nordkoreanischen Politik, neue Lieder unter die Leute zu bringen: 


Nordkorea veranstaltet oft eine Sondershow für neue Lieder des Jahres oder führt neue Stücke bei Konzerten an nationalen Feiertagen ein. Manchmal werden sie durch die Medien gefördert. Die offzielle Zeitung Rodong Sinmun beschreibt die Texte, den Vortragsstil und die Musik der neuen Stücke. Die Menschen lernen neue Lieder oft am Arbeitsplatz kennen. Künstler werden zu den Arbeitsplätzen geschickt, um den Arbeitern die neuen Lieder beizubringen, und ihnen bei ihren musikalischen Aktivitäten in ihren kleinen Arbeitseinheiten zu helfen. Nordkorea hält Liederwettbewerbe ab, um die neue Lieder besser zu verbreiten. 


Im Einklang mit dem Auftauchen verschiedener Musikgenres, wie etwa den “Lebensliedern”, wurden Gruppen der populären Musik gebildet. So wurde 1983 die Wangjaesan Band der Leichten Musik und 1985 das Pochonbo Elektronik-Ensemble gegründet. Beide wurden nach revolutionären Orten benannt, an denen Kim Il-sung gegen die Japaner während ihrer Kolonialherrschaft kämpfte. Ein Grund für den Erfolg der Gruppen war der Einsatz elektronischer Musik. In Nordkorea galten davor Rockmusik und Jazz, die elektronsiche Instrumente verwenden, als Tabu. Man glaubte, dass diese Musikgenres die gesunden Gedanken der Menschen zerstörten. Doch die neuen Bands betonten, dass sie elektronische Musik in koreanischem Stil spielten, die sich von der westlichen elektronischen Musik unterscheide. Sie bauten elektronische Instrumente in bestehende Orchester ein oder spielten sie zusammen mit traditionellen Instrumenten:


Die Wangjaesan Band spielte vor allem leichte Musik, während sich das Pochonbo Electronik-Ensemble auf Lieder fokussierte, die die jeweiligen Trends widerspiegelten. Die Bands erfreuten sich einer großen Beliebtheit. Sie zeigten, dass sich Nordkorea in den 80er Jahren dem globalen Trend der elektronischen Musik nicht verschließen konnte. Doch abgesehen von der elektronischen Musik handelten die Texte meistens vom Sozialismus und Patriotismus. 


Der frühere Machthaber Kim Jong-il sagte einmal, dass ein einziges Lied zehn Millionen Gewehre und Schwerter ersetzen könne, und er verbreitete Lieder, die eine politische Botschaft enthielten. So entstand die “Musik-Politik”:


Als designierter Nachfolger von Kim Il-sung arbeitete Kim Jong-il in der Abteilung für Propaganda und Agitation der Arbeiterpartei. Die Abteilung kontrollierte alle Medien im Land und deren Inhalte. Um seine politische Fähigkeiten zu zeigen, interpretierte er die anti-japanischen Aktivitäten seines Vaters auf moderne Weise neu und verlegte sie ins Zentrum der nordkoreanischen Kultur. Dazu benutzte er die Musik als effektivste Methode. Anfang der 90er Jahre schob er die Musik in den Vordergrund. Seine “Musikpolitik” wurde auch als “Liederpolitik” bezeichnet. Er benutzte die Lieder, um die Menschen zu vereinen und sie zu ermutigen, ihre Schwierigkeiten zu überwinden. 


Das jetzige Regime unter Kim Jong-un setzte die “Musikpolitik” fort. So entstand etwa die Moranbong Band, die als nordkoreanische Version einer “Girlgroup” galt. Deren erster Auftritt 2012 war sehr unkonventionell: 


Die Moranbong Band wurde 2012 von Kim Jong-un selber gegründet, kurz nach seiner Machtübernahme. Der Auftritt der Band im Juli 2012 zeigte Kim zum ersten Mal bei einer Musikshow. Sie spielte bekannte westliche Lieder wie etwa das Musikthema des Films “Rocky”, während Disney-Figuren auf der Bühne auftraten. Der Machthaber sandte eine klare Botschaft an die Außenwelt: Das Land ist bereit, fremde Kultur aufzunehmen, selbst die amerikanische. Nach innen rief die Botschaft die Bürger dazu auf, die Welt zu entdecken. Über die Moranbang Band versuchte Nordkorea auch, sich von der Vergangenheit zu lösen und Innovationen und Veränderungen in eine neue Ära zu bringen. 


Die Moranbong Band wurde später durch die Band der Kommission für staatliche Angelegenheiten ersetzt. Diese trat zum ersten Mal bei einer Show am 25. Januar 2020 auf: 


Die Moranbong Band trat zwischen 2012 und 2017 zu wichtigen Ereignissen auf. Das Auftauchen der Band der Kommission für staatliche Angelegenheiten im Jahr 2020 zeigte, dass die soziale Stimmung ernster wurde. Die Kommission für staatliche Angelegenheiten ist eine offizielle Organisation unter dem Kabinett. Seit Januar 2020 führt die Band die populäre Musik in Nordkorea an. 


Nordkorea hat immer wieder über die Musik politische Botschaften an die Menschen herangetragen. Es bleibt die Hoffnung, dass die Musik in Nordkorea auch als Mittel dienen kann, persönliche Gefühle zum Ausdruck zu bringen, und Kommunikation zwischen den Menschen herzustellen, statt ausschließlich als politisches Instrument benutzt zu werden.

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