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Lifestyle

Baek-il: die Feier am 100. Tag nach der Geburt eines Kindes

#Sie fragen, wir antworten l 2009-06-06

Hörerecke

Baek-il: die Feier am 100. Tag nach der Geburt eines Kindes
FRAGE: Michael Willruth aus Frankfurt schreibt: Im Zusammenhang mit dem Bericht über die 100-tägige Amtszeit von US-Präsident Obama habe ich in einem Bericht des Hessischen Rundfunks gehört, dass man in Korea 100 Tage nach der Geburt eines Kindes eine Feier abhält. Könnten Sie einmal etwas näher darüber berichten?

ANTWORT: Traditionell ist die erste große Feier im Leben eines neuen Erdenbürgers die 100-Tage-Feier, auf Koreanisch „Baek-il“ genannt. Dass man diesen Tag feiert, hat ursprünglich damit zu tun, dass früher in Korea öfters Kinder innerhalb der ersten 100 Tage nach der Geburt, die als besonders kritische Zeit galten, starben. Wenn das Neugeborene 100 Tage überlebte, standen die Chancen, dass es durchkommen würde, schon mal ganz gut. Heutzutage besteht das Problem der hohen Kindersterblichkeit nicht mehr. Im World Fact Book 2009 werden die 223 Länder der Welt danach aufgelistet, wie viele von 1000 lebend geborenen Kindern innerhalb eines Jahres nach der Geburt sterben. Danach herrscht die höchste Kindersterblichkeit mit 180,21 von 1000 Kindern in Angola, das damit auf Platz 1 liegt. Am besten schneidet Singapur auf Platz 223 mit 2,31 Kindstode auf 1000 Lebendgeburten ab. Südkorea liegt mit 4,26 von 1000 Kindern auf einem sehr guten Platz 203, nur 6 Plätze hinter Deutschland (209) mit einer Kindersterblichkeitsrate von 3,99, und vor z.B. Österreich mit einer Rate von 4,42 und den Niederlanden mit 4,73. Obwohl also in Korea heute kaum noch ein Kind während des ersten Lebensjahres stirbt, wird der 100. Tag im Leben eines Neugeborenen weiterhin gefeiert.

Traditionell hat man an diesem Tag der Samshin-Halmeoni geopfert. Diese Samshin-Großmutter war als der wichtigste weibliche Hausgott zuständig für Empfängnis, Schwangerschaft, Geburt und gesundes Wachstum des Kindes. Am Baek-il brachte man ihr als Opferspeisen in einer kleinen Zeremonie Reis und Suppe dar und betete darum, dass das Kind ein reiches, langes und glückliches Leben haben würde. Nach dieser Zeremonie haben dann Familie, Verwandte und Freunde mit Essen, Wein und anderen Delikatessen wie Reiskuchen mit roten Bohnen, der mit Zucker oder Honig versüßt wurde, gefeiert. Reiskuchen mit roten Bohnen ist von besonderer Bedeutung, da er zum einen böse Geister abwehren hilft, die die Farbe Rot nach altem Volksglauben scheuen wie der Teufel den Weihrauch, zum anderen soll er Glück bringen. Zu beiden Zwecken wurde der Reiskuchen im Haus in alle vier Himmelsrichtungen platziert. Daneben gab es dann noch den Glauben, dass das Kind ein langes Leben haben würde, wenn man den Reiskuchen mit 100 anderen Menschen teilt. Daher ist es am Baek-il bis heute üblich, den Rote-Bohnen-Reiskuchen in großen Mengen herzustellen und an Nachbarn, Freunde und Verwandte zu verschenken. Diese wiederum gaben früher als Gegengeschenk einen Strang weiße Baumwolle, ein Symbol für langes Leben, oder auch Reis und Geld, Symbole für Reichtum. Diese Tradition ist ebenfalls bis heute noch erhalten geblieben.

Weitere übliche Geschenke sind heutzutage kleine Ringe, Armbänder oder Ketten aus 24-karätigem Gold, die bei Mädchen später auch zu Brautschmuck verarbeitet werden können. Baek-il wird jedenfalls mit Reiskuchen und symbolischen Gegengeschenken bis heute gefeiert, auch wenn wohl keiner mehr der Samshin-Halmeoni opfert. Gefeiert wird auch bis heute im Familien-, Verwandten- und Freundeskreis, manchmal werden sogar noch Kollegen eingeladen. Meist findet die Feier zu Hause statt, aber auch Feiern in Restaurants und Hotels sind nicht unüblich. Richtig groß gefeiert wird dann der erste Geburtstag des Kindes. Ich habe Feiern in Hotels mit mehreren hundert Gästen erlebt, bzw. „Staffelfeiern“: zuerst Familie und Verwandte, dann Freunde, dann Kollegen des Vaters, Kollegen der Mutter usw. Das ist in einer Zeit, in der es pro Familie oft nur noch ein Kind gibt, in Korea nicht besonders ungewöhnlich. Und einen ersten richtig großen Fototermin beim Fotografen und mit allem Drum und Dran muss das Baby sowohl am Baek-il, als auch erst recht am ersten Geburtstag über sich ergehen lassen. Aus westliches Sicht interessant ist dabei, dass früher am Baek-il Jungs oft im Adamskostüm abgelichtet wurden - manchmal auch heute noch - aus lauter Stolz der Eltern.

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