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Geschichte

Der friedliche politische Machtwechsel

2015-09-15

Der friedliche politische Machtwechsel
Am 25. Februar 1998 wurde der langjährige politische Dissident Kim Dae-jung als 15. Präsident der Republik Korea vereidigt. Bereits bei der dritten Direktwahl eines koreanischen Staatspräsidenten nach der Verfassungsänderung 1987 wurde ein oppositioneller Parteiführer zum Präsidenten gewählt. Kim Dae-jungs Sieg läutete ein neues Zeitalter ein, in dem die Oppositionspartei zum ersten Mal seit Beginn der modernen koreanischen Republik die Verantwortung über Regierung und Nationalversammlung hatte.

Der glühende Wunsch der Menschen nach Demokratie explodierte im Juni 1987 in einem landesweiten demokratischen Aufstand. Die Demonstranten kamen aus allen Schichten und stürzten die scheinbar unüberwindliche Militärdiktatur, und durch die Einführung des direkten Präsidentschaftswahlsystems überwand das Land die erste Hürde in Richtung auf eine wahre Demokratie. Es dauerte weitere zehn Jahre, bis es zwischen den regierenden und Oppositionsparteien zu einem friedlichen Regierungswechsel kommen konnte. Professor Lim Hyung-jin vom College of Humanities an der Kyung-Hee-Universität erklärt uns, was es für die Oppositionspartei bedeutete, an die Macht zu kommen.

Man kann sagen, dass Korea die Demokratie im Jahr 1987 einführte, als ein allgemeiner Konsens darüber erreicht wurde, wie die Verfassung für die 6. Republik aussehen sollte. Aber das Problem war, dass die Einführung von Demokratie nicht bedeutete, dass sie auch schon abgeschlossen war. Sobald damit angefangen wurde, sollte sie institutionell verfestigt werden, was nur durch eine friedliche Übergabe der politischen Macht garantiert werden kann. Erst als die herrschenden und die Oppositionsparteien in etwa gleich stark waren, konnte es zu einem echten Machtwechsel und damit zur wahren Demokratie kommen. Der Aufstieg der Oppositionspartei im Jahr 1997 war ein Schlüsselereignis, das anzeigte, dass die Demokratie in der Tat in Korea angekommen war.

Koreas Weg zum friedlichen Regierungswechsel war ein holpriges Chaos. Der Leidensweg begann bereits 1987 mit der Revision der Verfassung und setzte sich bis zur Präsidentschaftswahl Ende desselben Jahres fort. Zu der Zeit wollte das koreanische Volk, dass Kim Young-sam und Kim Dae-jung, seit 30 Jahren vereint im Kampf gegen die Diktatur Park Chung-hees, sich die Hände reichen, um die Oppositionslager zu vereinen. Doch die zwei kampferprobten Dissidenten erklärten beide, dass sie jeweils allein für die Präsidentschaft kandidieren wollten und spalteten so das Oppositionslager und ihre Stimmen auf. Am Ende wurde am 25. Februar 1988 der Kandidat der regierenden Demokratischen Partei für Gerechtigkeit, Roh Tae-woo, als 13. Präsident Koreas vereidigt. Professor Lim Hyung-jin von der Kyung-Hee-Universität erzählt uns mehr darüber.

Damals war Korea durch die Militärdiktatoren Park Chung-hee und Chun Doo-hwan regiert worden. Doch der demokratische Aufstand vom Juni 1987 vertrieb den tyrannischen Chun Doo-hwan aus der Regierung und bewirkte eine Änderung der Verfassung. Die 6. Republik erhielt eine demokratische Verfassung, denn das koreanische Volk wollte auf keinen Fall weiter vom Militär regiert werden. Doch die Trennung von Kim Young-sam und Kim Dae-jung vereitelte der Opposition die Chance, die Macht zu übernehmen, und ermöglichte es dem Kandidaten der Demokratischen Partei für Gerechtigkeit, Roh Tae-woo, ein ehemaliger Armeegeneral, der als der legitime Erbe der Militärdiktatur angesehen wurde, zum Präsidenten gewählt zu werden.

Doch bei den 13. Parlamentswahlen am 26. April 1988 geschah etwas Unerwartetes. Die regierende Demokratische Partei für Gerechtigkeit gewann 125 Sitze, das Oppositionslager übernahm dagegen 164 Sitze, wodurch die Oppositionsparteien die Mehrheit in der Nationalversammlung stellten. Ermutigt durch die Wahlergebnisse und die unerschütterliche Unterstützung der Öffentlichkeit setzte die Opposition besondere Ausschüsse ein, um die Korruption während der Chun-Regierung und die militärische Niederschlagung des demokratischen Aufstandes in Gwangju im Mai 1980 zu untersuchen. Leitende Beamte der 5. Republik wurden zur mündlichen Verhandlung vorgeladen, die am 2. November begann. Dann wurde Ex-Präsident Chun Doo-hwan am letzten Tag des Jahres 1988 als erster koreanischer Präsident von der Nationalversammlung über seine Beteiligung an der Niederschlagung der Demonstrationen in Gwangju ausgefragt.

Am 21. Januar 1990 wurde die koreanische Politik erneut durcheinandergewirbelt. Damals vereinigte sich die regierende Demokratische Partei für Gerechtigkeit mit zwei Oppositionsparteien, der Demokratischen Vereinigungspartei sowie der Neuen Demokratischen Republikanischen Partei, zur Demokratischen Partei für Freiheit. Die Fusion verschaffte der Demokratischen Liberalen Partei 216 Parlamentssitze, mehr als zwei Drittel aller Abgeordneten, ein unüberwindlicher Machtblock in der Nationalversammlung. Professor Lim Hyung-jin von der Kyung-Hee-Universität beschreibt, wie die politische Lage noch einmal chaotisch wurde.

Die Leute fanden die Bildung der Demokratischen Liberalen Partei ziemlich verwirrend, denn es war ein Bündnis zwischen demokratischen und antidemokratischen Kräften. Die Ausrichtung der neuen Partei war daher schwer zu fassen. Es war eine Zeit, in der die Grenzen zwischen Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit unscharf wurden.

Dann kam 1992 das nächste Wahljahr. In jenem Jahr drehte sich alles im Land um die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen. Bei den 14. Parlamentswahlen am 24. März kassierte die regierende Demokratische Partei für Freiheit eine herbe Niederlage und erhielt nur 149 Sitze, weniger als die Hälfte der 299 Plätze. Dann kam die Präsidentschaftswahl. Kim Young-sam von der Demokratischen Partei für Freiheit sah sich mit seinem langjährigen Kollegen und Rivalen Kim Dae-jung konfrontiert, der für die Partei für Frieden und Demokratie kandidierte. Dann warf sich auch der Gründer der Hyundai-Gruppe Chung Ju-yung von der Partei für die Vereinigung und des Volkes in das Rennen um das Präsidentenamt. Der Sieger war am Ende Kim Young-sam. Erneut besiegt gestand Kim Dae-jung auf einer Pressekonferenz am Tag nach der Wahl seine Niederlage ein und verkündete seinen Rückzug aus der Politik.

Die Ära der Militärregierung kam mit der 14. Präsidentschaftswahl zum Ende, als nur Zivilisten um das Amt kandidierten. In seiner Antrittsrede am 25. Februar 1993 sprach Präsident Kim Young-sam sich für Reformen aus und eröffnete das Zeitalter der zivilen, nicht-militärischen Regierungen. Selbstverständlich hatten die Menschen hohe Erwartungen von der ersten nicht-militärischen Regierung in der modernen koreanischen Geschichte. Die öffentliche Unterstützung überstieg 90 Prozent und die Menschen sprachen sich für harte politische Reformen aus. Die Kim Young-sam-Regierung reagierte mit der Ausmerzung der letzten Überreste von drei Jahrzehnten des militärischen Autoritarismus. Professor Lim Hyung-jin erklärt uns mehr.

Es war klar, dass die Kim Young-sam-Regierung keinen weiteren Militärdiktator an der Macht sehen wollte. Es gab einige mächtige Gruppen innerhalb des Militärs, die immer noch großen Einfluss ausübten, aber Präsident Kim schaltete diese privaten Gruppierungen aus. Dann zog er die ehemaligen Präsidenten Chun Doo-hwan und Roh Tae-woo für ihre Rollen beim Staatsstreich vom 12. Dezember 1979 und beim Gwangju-Aufstand vom Mai 1980 zur Verantwortung.

Allerdings konnte die zivile Regierung von Kim Young-sam ihre Popularität nicht aufrechterhalten, und die Zustimmungsrate in der Bevölkerung stürzte auf magere 10 Prozent. Eine Reihe von verheerenden Unfällen wie der Zusammenbruch der Seongsu-Brücke oder des Sampoong-Kaufhauses sowie Konkurse von Großkonzernen ließen die Menschen das Vertrauen in die Regierung verlieren. Dann gründete Kim Dae-jung, der sich nach seiner Niederlage bei der 14. Präsidentschaftswahl von der Politik verabschiedet hatte, plötzlich seine eigene Partei, den Nationalen Kongress für neue Politik, und kehrte in die politische Arena zurück. Zwei Jahre später kandidierte Kim Dae-jung wieder für das Amt des Staatspräsidenten. Unter dem Druck, die Macht in den eigenen Reihen zu behalten, verband sich die Regierungspartei mit der Demokratischen Partei unter der Führung eines ehemaligen Professors der Seoul National-Universität, Cho Sun, und stellte Lee Hoi-chang als Präsidentschaftskandidaten auf.

Der 15. Präsidentschaftswahlkampf 1997 war ein Wettrennen der drei Kandidaten Lee Hoi-chang von der Großen Nationalpartei, der sein Image als Mann der Integrität ausspielte, dem ewigen Underdog Kim Dae-jung und Lee In-je, der sich von der regierenden Partei abgespalten hatte, um die Neue Partei für das Volk (New People Party) anzuführen. Doch am 21. November, weniger als einen Monat vor dem Wahltag, verkündete die Regierung, sie habe den Internationalen Währungsfonds um ein Rettungspaket gebeten, um den finanziellen Kollaps des Landes abzuwehren. Die allgemeine Stimmung war zu der Zeit die, dass die Regierungspartei für die finanzielle Katastrophe zur Rechenschaft gezogen werden sollte. Die Finanzkrise und das IWF-Rettungspaket waren während der Wahlkampfzeit die größten Streitpunkte.

Als die Stimmen ausgezählt wurden, wechselte die Mehrheit etwa 40 Mal zwischen Lee Hoi-chang und Kim Dae-jung hin und her. Doch am Ende behielt Kim Dae-jung vom kleineren Nationalen Kongress für Neue Politik die Oberhand. Die als „menschlich“ bezeichnete Kim Dae-jung-Regierung stellte einen Wendepunkt in der politischen Geschichte Koreas dar, denn sie war das Resultat einer friedlichen Machtübertragung durch eine demokratische Wahlentscheidung. Hier ist noch einmal Professor Lim Hyung-jin von der Kyung-Hee-Universität.

In den Wahlstimmen drückte sich der Wunsch nach einer neuen Regierung aus. Die Koreaner waren enttäuscht darüber, dass sich trotz des Zusammenbruchs der Militärregierung und der fünfjährigen Zivilregierung unter Präsident Kim Young-sam nichts wirklich verändert hatte. Die Leute wollten drastische Veränderungen und richteten ihre Hoffnungen auf Kim Dae-jung. Ein Regierungswechsel bedeutet, dass die Leute sich darüber im Klaren sind, was bei der vergangenen Regierung schief gelaufen ist, und dass die Fehler korrigiert werden sollen. Es zeigt auch an, dass die Demokratie ausgereift ist. Die Übergabe der politischen Macht im Jahr 1997 war ein bahnbrechendes Ereignis, das demonstrierte, dass die Demokratie in Korea endlich Fuß gefasst hatte.

Die Freude darüber, einen friedlichen Machtwechsel erreicht zu haben, war für die Kim Dae-jung-Regierung nur von kurzer Dauer, weil der finanzielle Schlamassel, den die vorherige Regierung ihr hinterlassen hatte, schnell beseitigt werden musste. Die Übernahme der Regierungsverantwortung am Rande des Staatsbankrotts war eine gewaltige Aufgabe für Präsident Kim Dae-jung, aber er hatte die Unterstützung der Menschen, die zu ihm in Hoffnung auf eine neue, strahlende Zukunft aufsahen.

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