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Geschichte

Koreas Kampagnen in den 1970er Jahren

2015-05-26

Koreas Kampagnen in den 1970er Jahren
Die 1970er Jahre in Korea sind als eine Zeit des Autoritarismus in Erinnerung, aber auch als eine der landesweiten Kampagnen.

Mann 1: Es gab Kampagnen, Ratten und Kiefernraupen zu fangen und eine Anti-Reis-Kampagne.

Frau 1: Ich erinnere mich an die Zeremonie zum Fahnenappell.

Mann 2: Es gab landesweite Kampagnen, übermäßige Ausgaben zu kontrollieren, mehr einheimische Waren zu verwenden und Ratten zu jagen. Uns wurde gesagt, dass wir eine Ratte fangen, ihr den Schwanz abschneiden und mit in die Schule bringen sollten. Es gab auch eine Bewegung, Parasiten zu beseitigen, und ich erinnere mich daran, dass ich Schwierigkeiten bei der Stuhlprobe hatte.


Die damalige Zeit wurde durch eine Vielzahl von Kampagnen markiert: Von der Jagd auf Ratten über die Förderung des Weizenverbrauchs bis hin zur Patriotismus steigernden Nationalflaggen-Zeremonie. Verklärt als „Nationalkampagnen“ drangen dadurch die politischen Leitlinien der Regierung tief in das Alltagsleben der Koreaner ein.

Unzählige Slogans und Kampagnenlieder begleiteten die landesweiten Aktivitäten, und die Koreaner zeigten ihre Solidarität durch den Eifer, mit dem sie an den Regierungsaktionen teilnahmen. Diese landesweiten Kampagnen prägten den ganzen Zeitabschnitt und geben uns heute einen Eindruck über das Leben der Menschen damals.

Mann 1: Ich besuchte eine Grundschule in Pyeongtaek in der Provinz Gyeonggi. Wenn es damals eine Kampagne zur Rattenjagd gab, musste ich immer die Klassenräume und Schultoiletten putzen, wenn ich keine Ratte mitbrachte. Ich wurde wegen Nichterfüllung eines vorgegebenen Ziels bestraft.

Frau 1: Mir wurde gesagt, eine Ratte zu fangen und ihren Schwanz in die Schule zu bringen. Wir hatten damals eine Falle, und wenn eine Ratte gefangen war, schnitt mein Vater ihren Schwanz ab und steckte ihn in einen Umschlag, den ich dafür von der Schule bekommen hatte.


Koreaner mittleren Alters, die in den 1970er Jahren eine Grundschule besucht haben, können diese typische, landesweite Kampagne zur Rattenjagd nicht vergessen. Bis in die 1960er Jahre war es Aufgabe der Städte oder Regionen, Ratten zu jagen, doch im Jahr 1971 wurde es zu einer nationalen Angelegenheit. Die Regierung hatte die Kampagne zur Rattenjagd ins Leben gerufen, weil sie glaubte, dass Ratten die Hauptschuld an der schweren Nahrungsmittelknappheit des Landes hatten. Das Ministerium für Land- und Forstwirtschaft, das für diese Aktion zuständig war, schätzte, dass es landesweit etwa 80 Millionen Ratten gab, was umgerechnet einem Durchschnitt von drei Ratten pro Person beziehungsweise siebzehn pro Haushalt entsprach. Diese Schädlinge fraßen angeblich etwa 1,9 Millionen Seom, also ca. 299.000 Tonnen Getreide pro Jahr, was acht Prozent der gesamten Getreideproduktion Koreas entsprach. Die Regierung machte daher die Vorgabe, dass jeder Haushalt drei Ratten fangen sollte, sowohl in städtischen als auch in ländlichen Gebieten. Sie verteilte Rattengift an jede Gemeinde und erklärte, wie man der Plage Herr werden kann.

Hausfrauen, Studenten, Büroangestellte und sogar Soldaten wurden angehalten, sich an dieser nationalen Kampagne zu beteiligen, während überall im Land Poster mit dem Slogan „Die Rat werden fett, während die Menschen hungern!" aufgehängt wurden. Die Schulen kämpften in diesem Krieg gegen die Ratten an vorderster Front. Die Schüler wurden aufgefordert, Rattenschwänze als Beweis mitzubringen, dass sie sie wirklich gefangen hatten, und die Lehrer mussten das überprüfen. Diese recht grobe Praxis führte manchmal zu skurrilen Situationen.

Frau: Ich nahm Tintenfischbeine und malte sie schwarz an, damit sie wie Rattenschwänze aussahen. Als mein Lehrer mich fragte, was das war, sagte ich: „Ich weiß nicht. Mein Großvater gab sie mir.“ Ich konnte einfach keine Ratten töten.

Mann: Als ich einmal eine ungewöhnlich große Ratte gefangen hatte, schnitt ich den Schwanz in zwei Hälften und gab vor, zwei Ratten gefangen zu haben.


Nach dem Beginn der Kampagne am 25. März 1971 wurden fast 46,7 Millionen Ratten gefangen, mehr als 50 Prozent der von der Regierung festgelegten Menge. Die Behörden nahmen das Projekt sehr ernst und Regierungsbeamte zählten jeden einzelnen Rattenschwanz aus allen Gegenden des Landes. Die Rattenjagd-Kampagne fand ab Anfang der 1970er Jahre zweimal im Jahr statt, bis sie in den frühen 1980er Jahren eingestellt wurde. Herr Baek Yang-ki hielt die Kampagne als Schüler in den 1970er Jahren für eine lästige und ekelhafte Pflicht, doch heute erinnert er sich daran als ein sinnvolles Unterfangen.

Ich denke mittlerweile, dass es eine gute Gelegenheit war, die öffentliche Gesundheit zu verbessern. Durch das Töten der Ratten hatten wir mehr zu essen und mussten nicht länger hungern. Die Kampagne brachte alle Koreaner zusammen. Es war wichtig, bei den Menschen die Bereitschaft zur Zusammenarbeit und den Geist der Zusammengehörigkeit zu wecken.

Eine weitere typische Kampagne der 1970er Jahre war der Versuch, den Verbrauch von Weizen und anderen Getreidearten als Reis zu fördern. Bereits seit den 1960er Jahren hatte die koreanische Regierung Anstrengungen unternommen, die Ernährungsgewohnheiten der Koreaner auf weniger Reiskonsum umzustellen. Die Regierungskampagne, den Konsum anderer Getreidearten als Reis zu verstärken, hatte das Ziel, die Kosten für die Einfuhr von Reis zu senken. Allerdings verbesserte sich die Situation trotz dieser landesweiten Aktion nicht wesentlich, was die Regierung dazu veranlasste, 1969 jeden Mittwoch und Samstag zum Tag des Mehls zu erklären. An diesen Tagen waren Restaurants dazu verpflichtet, Gerste und anderes Getreide unter den Reis zu mischen, und von 11.00 bis 17.00 Uhr war es ihnen sogar verboten, Reisgerichte zu verkaufen. Die Regierung nutzte auch die Massenmedien, um bekannt zu machen, dass Weizen- und anderes Mehl nahrhafter sei als Reis.

Trotz aller Anstrengungen der Regierung hielten Koreaner Reis jedoch nach wie vor für das beste Lebensmittel, was das Problem der Lebensmittelversorgung weiter verschärfte. Im Februar 1972 veröffentlichten drei Minister eine Erklärung, dass der Verzehr von gemischtem Getreide und Weizenmehl ein patriotischer Akt sei, und eine groß angelegte, systematische Kampagne wurde ins Leben gerufen, um den Verbrauch von Nicht-Reisprodukten zu steigern. Hier ein Ausschnitt aus einer Rede des damaligen Präsidenten, Park Chung-hee:

Wir müssen hart arbeiten, um unsere Nahrungsmittelproduktion zu steigern, und jeder einzelne Koreaner muss weniger Reis essen, dafür aber mehr Mehl und gemischtes Getreide verwenden. Jeder Koreaner muss sich dieser Weniger-Reis-Kampagne anschließen und daran mitwirken, die Reisproduktion zu steigern, damit wir nicht immer zwischen 100 und 190 Millionen Dollar aufwenden müssen, um ausländischen Reis zu importieren. Das ganze ausländische Geld könnte viel besser in andere ländliche Entwicklungsprojekte eingesetzt werden, um das Wachstum des Landes zu beschleunigen.

Im ganzen Land wurden Kampagnen-Lieder gesungen und die Aufforderung, mehr gemischtes Getreide und Mehl zu essen, war mehr als eine Empfehlung, sie wurde zu einer öffentlichen Aufgabe. Restaurants, die diese Regel nicht einhielten, wurden den Behörden gemeldet oder verloren gleich die Lizenz für ihr Geschäft. Wieder waren die Schulen die ersten, die die neue Ernährungsregel durchzusetzen hatten und die Lehrer überprüften das Mittagessen der Schüler, um zu sehen, ob auch genügend anderes Getreide unter den Reis gemischt war. Kinder, deren Mittagessen nicht den Vorgaben entsprach, mussten die Schultoiletten putzen oder Entschuldigungsbriefe schreiben. Doch die Schüler und Schülerinnen zeigten großes Geschick darin, die Lunchbox-Kontrollen zu bestehen.

Frau 1: Seit ich einmal für mein Mittagessen nur aus Reis bestraft wurde, streute meine Mutter oben immer etwas Gerste drauf. Mein Lehrer inspizierte unsere Lunchboxen damals jeden Tag. Ich weiß nicht, warum das damals so war.

Frau 2: Ich mochte keine Gerste, also fragte ich meine Freundin, ob sie mir im Austausch für Süßigkeiten und andere Leckereien etwas von ihrem Essen abgab. Es gab ein paar Kinder, die konnten Gerste nur schlecht verdauen. Wir sagten immer, dass es sehr deprimierend war, unsere Lunchbox zu öffnen und den dunklen, mit Gerste bedeckten Reis zu sehen.


Letztendlich führte das andauernde Drängen der Regierung, die Denkweise der Menschen über Reis zu ändern, zusammen mit dem Engagement der Menschen zu einem absinkenden Reisverbrauch. Im Januar 1977 erklärte Korea sich in Bezug auf Reis als selbstversorgend und der Tag des Mehls wurde abgeschafft. Im Dezember desselben Jahres erlaubte die Regierung den kommerziellen Handel mit Makgeolli, Koreas reisbasierter alkoholischer Getränkespezialität, und beendete die Weniger-Reis-Kampagne. Derartige nationale Kampagnen zur Änderung der Lebensweise der Menschen mündeten Ende der 1970er Jahre in Aktionen zur Steigerung des Patriotismus.

Das Niederholen der Nationalflagge war eine der am meisten zu beobachtenden Praktiken in den späten 1970er Jahren. Um die Loyalität der Menschen zu Korea zu verstärken, wurde über Lautsprecher die koreanische Nationalhymne abgespielt, während die Flaggenparade im Frühling, Sommer und Herbst um 18 Uhr und im Winter bereits um 17 Uhr durchgeführt wurde.

Mann: Um Punkt sechs Uhr fand die Flaggenparade statt und die Nationalhymne wurde gespielt. Die Leute grüßten in Richtung der Flagge und standen still, bis die Flagge vollständig abgesenkt war. Das war damals eine gesellschaftliche Normalität.

Frau: Wenn die Nationalhymne gespielt wurde, hielten wir alle inne und zeigten unsere Loyalität zur Flagge, ohne dass es uns befohlen wurde. Wir warteten, bis die Zeremonie vorbei war, und gingen wieder unsere eigenen Wege.


Seit die Flaggenparade landesweit eingeführt wurde, waren die Schulen dazu verpflichtet, den Patriotismus der Schüler zu fördern und ihnen beizubringen, ihre Loyalität zum Vaterland zu zeigen. Einige widerstanden solch plumpen Maßnahmen, den jungen Leuten solche Loyalitätsbekundungen abzuringen und behaupteten, dass die Liebe zum Vaterland nicht erzwungen oder manipuliert werden könne, doch ihre Proteste hatten keine Auswirkung auf die Flaggenparade. Im Januar 1989 wurde die Zeremonie schließlich eingestellt, 13 Jahre, nachdem sie erstmals durchgeführt worden war.

Die 1970er Jahre waren von verschiedenen landesweiten Kampagnen gekennzeichnet. Die meisten dieser Bewegungen wurden von der Regierung oder den Behörden initiiert und von den Menschen befolgt, ihre Ziele veränderten sich durch die Umstände. Der Popkultur-Kritiker Kim Sung-soo erzählt uns, warum die Regierung solche nationalen Anreize setzten musste.

Die 1970er Jahre waren im Grunde eine autoritäre Zeit. Wenn die Behörden eine Anordnung verfügten, hatten die Menschen dem einfach zu folgen. Wichtig waren die Ergebnisse, und die Leute wurden danach beurteilt, wie gut sie die gewünschten Ergebnisse hervorbrachten. Auch wenn sich das Leben der Menschen dadurch nicht so sehr verbesserte, zählten nur die Ergebnisse der Regierungskampagnen. Diese messbaren Größen wurden als Werkzeug benutzt, um den Kritikern der öffentlichen Aktionen zu zeigen, dass die Regierung etwas richtig machte. Außerdem hatten die Menschen dann nicht mehr so viel Zeit, sich mit Politik zu beschäftigen, wenn sie den Großteil ihrer Zeit und Energie auf die Durchführung dieser Kampagnen konzentrieren mussten. Es war ein sehr gutes Mittel, um die Gedanken der Menschen von der Politik abzubringen.

Wer die 1970er Jahre selbst erlebt hat, betrachtet diese nationalen Kampagnen mittlerweile in einem weitgehend positiven Licht. So sagt man heutzutage, dass die Bevorzugung der Gemeinschaft vor der Einzelperson dabei half, die rechte Einstellung zur Nation zu entwickeln.

Mann: Es war eine Gelegenheit, darüber nachzudenken, was das Land für mich bedeutet. Ich glaube nicht, dass alles schlecht war. Es war unbequem, aber so war das damals halt. Viele Dinge, die wir damals taten, wirken aus heutiger Sicht lächerlich.

Frau: Es war sicherlich ein wenig lästig. Aber inzwischen ist so viel Zeit seitdem vergangen und ich merke, dass wir durch solche nationalen Kampagnen in den 70er Jahren erkennen konnten, wie wertvoll unser Land war. Ich bin dankbar, dass ich in den 70ern gelebt habe und erinnere mich gern an die Zeit, obwohl ich alle diese Kampagnen damals als wirklich ärgerlich empfand.


In den 1970er und 1980er Jahren befolgte fast jeder Koreaner den Anweisungen der Regierung, um Korea zu einem besseren Land zu machen. Landesweite Kampagnen waren die historischen Schritte, um den Koreanern dabei zu helfen, ihr Leben zu verbessern und das heutige Korea zu schaffen.

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