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Geschichte

Die Eröffnung des 428 Kilometer langen Expressways Nr. 1 von Seoul nach Busan

2015-04-07

Die Eröffnung des 428 Kilometer langen Expressways Nr. 1 von Seoul nach Busan
Am 7. Juli 1970 wurde der Gyeongbu-Expressway endlich eröffnet, der Seoul und Busan miteinander verbindet. Um die erste Schnellstraße der Nation fertig zu stellen, waren zwei Jahre und fünf Monate lang Passagen durch Berghänge geebnet und Brücken über Täler und Flüsse errichtet worden. Der 428 Kilometer lange Gyeongbu-Expressway, der von Norden nach Süden quer durch Südkorea führt, spielte eine wichtige Rolle bei der Industrialisierung des Landes.

Der Straßenzustand in Korea Mitte der 1960er Jahre war immer noch minderwertig, eine traurige Folgen des Koreakriegs. Nach einem Bericht des Bauministeriums über den Stand der Verkehrsentwicklung im Jahr 1966 betrug die Gesamtlänge des Straßensystems pro Einwohner Koreas nur 1,1 Meter, weit hinter dem amerikanischen Durchschnitt von 31,5 Metern und Japans 10,2 Metern. Außerdem machten gepflasterte Straßen nur 5,1 Prozent der gesamten Verkehrswege aus. Diese Umstände machen deutlich, wie sehr Korea eine Schnellstraße benötigte. Herr Dr. Chun Q-Syng vom Koreanischen Institut für Entwicklungspolitik (KDI) erklärt uns die damalige Situation in Korea.

Die erste Phase des fünfjährigen Wirtschaftsentwicklungsplans führte zu einer jährlichen Wachstumsrate von mehr als 8%. Das Frachtaufkommen auf der Gyeongbu-Bahnlinie wuchs um mehr als 40% und 80% mehr Züge wurden zur Verfügung gestellt. Der Güterverkehr wurde somit zu einem großen Problem. Das weitere Wirtschaftswachstum Koreas hing davon ab, ob dieses Transportproblem gelöst werden konnte. Gerade zu der Zeit besuchten der Präsident und andere politische Entscheidungsträger Deutschland und erkannten, dass Korea Schnellstraßen wie die deutsche Autobahn benötigte, um das industrielle Wachstum voranzutreiben.

Anfang 1967 beschloss die Regierung, den Gyeongbu-Expressway zu bauen, um Seoul und Busan miteinander zu verbinden, und ein Planungsteam begann im Dezember desselben Jahres mit der Arbeit. Im darauf folgenden Jahr wurde zum Auftakt des Projekts ein Konstruktionsbüro für den Gyeongbu-Expressway eingerichtet. Doch der Bau des Gyeongbu-Expressways war bereits in der Planungsphase umstritten. Die Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (IBRD), zuständig für die Prüfung der Durchführbarkeit des Projekts, war gegen den Bau der Schnellstraße. Der Forschungsleiter Bae In-cheol vom Forschungsinstitut der Koreanischen Expressway-Gesellschaft erklärt uns, warum die Weltbank gegen das Projekt war.

Die IBRD, der Vorgänger der heutigen Weltbank, erstellte einen Bericht, nach dem die Verbindung zwischen Seoul und Busan zu alt und in seiner Logistikkapazität zu stark begrenzt sei, weshalb Korea eine neue Schnellstraße brauche. Aber diese Schnellstraße sollte nicht in Nordsüdrichtung von Seoul nach Busan verlaufen, sondern in östlicher Richtung von Seoul nach Gangneung sowie von Gwangju nach Pohang. Die IBRD legte nahe, dass die Schnellstraße zu den Häfen führen sollte.

Als der Bauplan für den Gyeongbu-Expressway angekündigt wurde, kochte die öffentliche Meinung über. Die Oppositionspartei und einige Medien verurteilten das Projekt aufs schärfste. Hier ist erneut Dr. Chun Q-Syng vom KDI.

Lokale Politiker und Medien waren absolut dagegen. Sie behaupteten, dass der Gyeongbu-Expressway ein regionales Ungleichgewicht zur Folge hätte. Sie stellten auch die Finanzierung des Projekts infrage. Das Geld dafür sollte besser zur Unterstützung kleinerer Unternehmen und zur Stabilisierung der Versorgungslage mit landwirtschaftlichen und Fischereierzeugnissen eingesetzt werden. Die Gegner meinten, eine Schnellstraße sei nicht so dringend wie der Ausbau des allgemeinen Straßensystems. Sie sagten, dass normale Straßen Priorität vor einer Autobahn haben sollten.

Der Opposition zum Trotz setzte die Regierung den Bau fort und fing am 1. Februar 1968 mit dem Bau des Abschnitts zwischen Seoul und Suwon an. Der Gyeongbu-Expressway wurde in sieben Abschnitte unterteilt, und sechzehn führende koreanische Bauunternehmen beteiligten sich an dem Projekt, die erste Hauptverkehrsader der Nation zu errichten. Sogar Soldaten kamen an den Baustellen als Arbeiter und Vorarbeiter zum Einsatz. Rund neun Millionen Menschen, Zivilisten wie Soldaten, waren an dem Projekt bis zu seiner Fertigstellung beteiligt. Korea hatte nicht die Technik oder Ausrüstung, um eine so große Unternehmung durchzuführen, doch die Arbeiter vor Ort gaben ihr Bestes, um die Schnellstraße fertig zu stellen. Hier ist Herr Oh Gyo-tack, der an einer der Autobahn-Baustellen gearbeitet hat.

Es gab keine Maschinen wie heute, sodass wir fast alles per Hand machten. Die Menschen bildeten Wasserketten, um den Zement an Ort und Stelle mischen zu können, alles ohne Maschinen. Es war unbeschreiblich hart. Niemand würde das heute machen, selbst wenn man ihn dafür bezahlen würde. Wir hatten damals nicht viel Zeit. Wir haben immer nachts gearbeitet. Es war auch kein Acht-Stunden-Arbeitstag. Wir mussten den ganzen Tag von morgens bis in die Nacht arbeiten, um unseren Tageslohn zu erhalten.

Anderthalb Jahre nach Baubeginn nahm die Schnellstraße langsam Gestalt an. Bis Dezember 1969 waren fünf von sieben Abschnitten eröffnet. Doch eine unangenehme Überraschung wartete auf die Arbeiter, als der Traum von der Fertigstellung schon in Reichweite schien. Sie kamen nicht durch einen Berg, um den Dangjae-Tunnel in Okcheon in Nord-Chungcheong zu bauen. Herr Shim Wan-sik war der Meister dieses Tunnelbaus, und er erinnert sich noch Jahrzehnte später lebhaft an diese Zeit.

Der Dangjae-Tunnel war etwa 500 Meter lang, aber das Gestein in der Gegend bestand überwiegend aus Gneis oder Sedimentgestein, und der Tunnel musste über einem tiefen Tal gebaut werden. Es gab viele Unfällen, elf Arbeiter kamen allein in diesem Segment ums Leben. Der Tunnel sollte bis Ende Juni 1970 gebaut sein, aber bis April 1970 waren erst 70% davon fertig. Es war wirklich schwer, den Rest des Tunnels in den verbleibenden zwei Monaten fertig zu stellen.

Ohne den Dangjae-Tunnel wäre der Gyeongbu-Expressway nicht vollständig. Die Arbeiter bohrten sich in drei Schichten rund um die Uhr durch den Tunnel und kamen zwei Meter pro Tag voran. Hier ist noch einmal Herr Shim.

Wir hatten nur veraltete Ausrüstung und mussten uns auf unsere Arbeitskraft verlassen. Doch nach ein paar Stunden Arbeit ließ die Arbeitseffizienz nach. Also arbeiteten wir in drei Schichten mit jeweils acht Stunden. Die letzte Aufgabe bestand darin, Tunnelwände aus Beton zu errichten, doch das Ausgießen und Trocknen des Betons hätte für jedes Panel der Wand sieben Tage gedauert. Es war unmöglich, den ganzen Tunnel auf diese Weise vor Ablauf der Frist fertigzustellen. Also bestellten wir bei der Zementfabrik in Danyang statt der gewöhnlichen Mischung Schnellzement, der schneller trocknet und besser hält. Der Zement wurde auf Lastwagen transportiert, weil Züge dafür länger brauchten. Auf diese Weise konnte der Dangjae-Tunnel des Gyeongbu-Expressways in der Nacht zum 27. Juni 1970 fertiggestellt werden.

Der Dangjae-Tunnelbau hatte eine Reihe von Leben gekostet, doch am Ende konnte der Tunnel dank der unermüdlichen Arbeit der beherzten Arbeiter eröffnet werden. Nach zwei Jahren und fünf Monaten führte der Gyeongbu-Expressway durch die Provinzen Gyeonggi, Chungcheong und Gyeongsang, um Seoul und Busan endlich miteinander zu verbinden. Herr Bae In-cheol vom Forschungsinstitut fasst das Projekt zusammen:

Die 428 Kilometer lange Strecke wurde in zwei Jahren und fünf Monaten abgeschlossen. Der Bau ging viel schneller als bei den Schnellstraßen in entwickelten Ländern wie den USA oder Japan. Das Projekt kostete nach heutigem Wechselkurs etwa 39,4 Millionen Dollar, also 91.000 Dollar pro Kilometer. Das war angesichts der kurzen Bauzeit erstaunlich preiswert. Es gibt Brücken von insgesamt 17 Kilometer und sechs Tunnel von zusammen etwa vier Kilometer Länge, 19 Anschlussstellen und 468 Überführungen. Über 1.650.000 Ausrüstungsteile und fast neun Millionen Menschen sind beim Bau eingesetzt worden.

Allein mit einer „Wir schaffen das!“-Einstellung ausgerüstet stellten Koreaner ohne viel Technologie oder Erfahrung den Gyeongbu-Expressway fertig. Und das Projekt lieferte erstaunliche Rekorde. Der Ausbau von 428 Kilometern über zwei Jahre und fünf Monate bedeutete etwa einen Kilometer alle zwei Tage. Die gesamten Baukosten waren unglaublich günstig, etwa 100 Millionen Won pro Kilometer, also 91.000 Dollar nach heutigem Wechselkurs. Währenddessen wurde 1968 der Domei-Expressway zwischen Tokyo und Nagoya eröffnet; dieser kostete etwa achtmal so viel. Die Baukosten des Gyeongbu-Expressways stellen einen unerreichbaren Rekord in der weltweiten Geschichte des Autobahnbaus dar.

Die Fertigstellung des Gyeongbu-Expressways brachte gravierende Veränderungen im Leben der Menschen mit sich. Durch die Verbindung der beiden größten Städte des Landes mit einer Schnellstraße konnten die Menschen nun innerhalb eines Tages von einem Ende Koreas zum anderen reisen. Hier ist erneut Dr. Chun Q-Syng vom KDI.

Vor der Eröffnung des Gyeongbu-Expressways hatte es 15 Stunden gedauert, um mit dem Auto von Seoul nach Busan zu kommen, und neun Stunden mit dem Zug. Nach der Eröffnung der Schnellstraße dauerte es nur noch vier Stunden. Durch diese Verkürzung der Reisezeit lag jeder Teil von Korea in Reichweite eines Tages.

Frischer Fisch und Meeresfrüchte direkt vom Fischerboot gelangten innerhalb eines halben Tages nach Seoul. Der Transport landwirtschaftlicher Produkte innerhalb von Stunden in alle Ecken Koreas brachte Landwirte und Verbraucher näher zusammen. Hier ist noch einmal Herr Oh Gyo-tack.

Ohne die Schnellstraße wäre es unmöglich gewesen, Agrarprodukte so schnell zu transportieren. Obst und Gemüse blieben frisch, bis sie in Seoul ankamen. Für Landwirte und Verbraucher erwies sich das als großer Segen. Die Stadtmenschen hätten ohne die Schnellstraße nicht all die frischen Sachen zur Auswahl.

Die Eröffnung der Schnellstraße machte Schnellbusse möglich, die auf der neuen Verbindung zwischen den Provinzen hin und her eilten. Fahrer und Betreuer von Schnellbussen gehörten damals zu den begehrtesten Berufen.

Mann 1: Das Fahren auf der Schnellstraße war viel schneller. Verglichen mit den unbefestigten Straßen fühlte es sich an wie fliegen. Es war wie in einem Flugzeug.
Man 2: Ich habe es erst nicht verstanden, aber als ich in einem Auto fuhr, wurde mir klar, dass die Welt wirklich praktischer geworden ist.
Man 3: Ein Schnellbus-Fahrer war genauso angesehen wie ein Pilot.
Man 4: Die Bus-Begleiter erklärten uns die Landschaften und historischen Sehenswürdigkeiten, wie die Reiseleiter heutzutage.


Der Gyeongbu-Expressway wurde mit bloßen Händen und unerschütterlicher Entschlossenheit gebaut. Die erste Schnellstraße der Nation beschleunigte die erstaunliche Entwicklung der koreanischen Wirtschaft, wie uns Dr. Chun Q-Syng vom KDI erläutert.

Das nationale Verkehrsnetz spornte das Wachstum der Transport- und Automobilindustrie an. Das Projekt war auch eine wichtige Erfahrung für die Bauindustrie Korea und half dabei, Bauland effizienter zu nutzen. Industriekomplexe wurden entlang der Schnellstraße errichtet, um die Industrialisierung zu beschleunigen, und bildeten somit die Grundlage für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum. Mit dem erfolgreichen Abschluss des Gyeongbu-Expressway-Projekts lernten die Koreaner, dass sie etwas erreichen können, und das löste eine Veränderung der nationalen Mentalität aus. Das neu gewonnene Selbstbewusstsein war wichtiger als die wirtschaftlichen Leistungen und half dabei, Korea zu einer der zehn größten Volkswirtschaften der Welt zu machen. Das hatte sich vorher niemand vorstellen können.

Der Gyeongbu-Expressway ist für die Koreaner mehr als nur eine Autobahn. Er repräsentiert das moderne Korea. In dem Land gibt es inzwischen 33 Schnellstraßen mit einer Gesamtlänge von 4.139 Kilometern, und Koreaner reisen darauf frei und selbstbewusst durch das Land.

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