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Geschichte

Der nordkoreanische Terrorangriff 1968 auf Cheongwadae

2015-03-31

Der nordkoreanische Terrorangriff 1968 auf Cheongwadae
Am 21. Januar 1968, nur zehn Tage vor dem Neujahrsfest nach dem Mondkalender, ereignete sich in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul etwas Unglaubliches. Bewaffnet mit Gewehren und Granaten infiltrierten einunddreißig Soldaten eines nordkoreanischen Killerkommandos die Umgebung der südkoreanischen Präsidentenresidenz von Cheongwadae in dem Versuch, den Präsidenten zu ermorden. Es kam zu einer Schießerei mit vielen Opfern. In der Reihe der Provokationen durch Nordkorea seit dem Koreakrieg gelang es diesem dreisten Terroranschlag auf das Herz der Republik Korea, die ganze Nation zu schockieren und zu verängstigen.

Frau 1: Oh, ich war total schockiert. Wir konnten es uns einfach nicht vorstellen, dass nordkoreanische Terroristen über die hohen Berge klettern würden, um nach Seoul zu kommen.
Frau 2: Ich hatte Angst davor, dass mit unserem Präsidenten etwas schreckliches passieren könnte.
Frau 3: Natürlich hatte ich Angst. Sie sind nach Cheongwadae gekommen! Wir fragten uns, ob dem Präsidenten etwas passiert ist. Wie hatten die Kommunisten es nur geschafft, bis nach Cheongwadae zu kommen?


Das stellte den schändlichsten Provokationsversuch Nordkoreas seit der Teilung des Landes dar, und daraufhin wuchs die Spannung auf der koreanischen Halbinsel auf den höchsten Punkt seit dem Koreakrieg.

Die ersten Gewehrschüsse waren am 21. Januar 1968 um 10 Uhr nachts in der Nähe des Jahamun-Tores gehört worden, nur 200 Meter entfernt von Cheongwadae. Als die einunddreißig nordkoreanischen Attentäter von der südkoreanischen Polizei gestellt wurden, wie sie versuchten, durch einen Checkpoint zu gelangen, brach eine Schießerei aus. Sie warfen eine Granate auf einen Bus voller Zivilisten und feuerten ziellos mit ihren Maschinenpistolen umher. Bei dem Schusswechsel kamen sieben Menschen ums Leben, darunter der Chef der Polizeistation Jongno, Choi Gyu-shik, ein Büroangestellter sowie ein Schüler einer Mittelschule.

In ihrem verzweifelten Versuch, zurück nach Nordkorea zu fliehen, wurde die bewaffnete Kommandoeinheit getrennt und verwickelte auf ihrer Flucht südkoreanische Truppen in heftige Schießereien. Um 1.30 Uhr am folgenden Morgen ergab sich auf dem Bugak-Berg hinter Cheongwadae ein bewaffneter Attentäter seinen Verfolgern. Es handelte sich dabei um den siebenundzwanzigjährigen Kim Shin-jo, Mitglied der 124. Einheit der nordkoreanischen Armee.

Siebzehn Stunden nach Kims Ergreifung, am 22. Januar um 19.00 Uhr, fand eine Pressekonferenz der südkoreanischen Spionageabwehr statt. Dann wurde Kim Shin-jo in den Saal geführt. Er war klein und dünn, wie ein einfacher Junge von nebenan, doch selbstbewusst und trotzig stellte er sich den Fragen der Reporter. Ohne Zögern beantwortete er die Fragen und verriet den Zweck seiner Mission.

Unsere Aufgabe war es, Park Chung-hee zu enthaupten und seine Beamten zu erschießen. Wir waren mit 31 Maschinenpistolen, 31 Pistolen und pro Person acht Granaten bewaffnet. Die Granaten kamen aus Russland und die Körper aus Nordkorea.

Die Nation war fassungslos über Kims Geständnis, den Präsidenten ermorden zu wollen. Doch das war noch nicht alles.

Reporter: Wie konnten Sie es schaffen, in Seoul einzudringen, obwohl das südkoreanische Militär überall Anti-Terror-Operationen durchführt?
Kim: Wir starteten am Nachmittag des 16. Januar um zwei Uhr an einer nordkoreanischen Militärbasis. Um Mitternacht erreichten wir Kaesong und überquerten die militärische Demarkationslinie am 17. um 10 Uhr abends. Wir durchschnitten den Zaun mit Scheren und krochen drunter her. Der Imjin-Fluss war zugefroren und so liefen wir über den Fluss.


Als das ganze Ausmaß der Geschichte über den Attentatsversuch Nordkoreas veröffentlicht wurde, war ganz Südkorea über die Sicherheitslücken im eigenen Land entsetzt. Die Nordkoreaner hatten die Anlage der Präsidentenresidenz genau analysiert und eine ausgefeilte Strategie ausgetüftelt.

Unterdessen suchten südkoreanische Einheiten auch nach der Ergreifung Kim Shin-jos weiterhin nach dem Rest des nordkoreanischen Killerkommandos. Die nord- und südkoreanischen Truppen trafen in Seoul und in umliegenden Städten wie Paju und Gimpo aufeinander. Herr Kim Chang-ki, der zur Zeit der Konfrontation in einer Kaserne bei Paju stationiert war, erinnert sich folgendermaßen an die Ereignisse:

Ich war knapp drei Monate in der Armee, als die nordkoreanischen Spione kamen. Nach dem Abendessen hatten wir echte Munition bekommen. Das war ungewöhnlich, weil wir für die Ausbildung sonst keine scharfe Munition bekamen. Dann hörte ich, dass nordkoreanische Spione nach Seoul gekommen waren. Meine Kollegen und ich hatten gerade Wachdienst, als Flugzeuge Leuchtkugeln abfeuerten und den Himmel taghell erleuchteten. Wir wurden am nächsten Tag in die Berge geschickt, um die Flüchtenden zu suchen. Ich hatte solche Angst, weil ich nicht wusste, woher die Kugeln kommen würden.


Die zehntägige Verfolgungsjagd endete am 31. Januar, als sämtliche der übrigen dreißig nordkoreanischen Angreifer mit Ausnahme von Kim Shin-jo entweder sich selbst getötet hatten oder erschossen worden waren. Auch auf südkoreanischer Seite hatte es schwere Verluste gegeben. Fünfundzwanzig Soldaten und sieben Zivilisten sind getötet worden, zweiundfünfzig weitere Personen waren verletzt.

Doch der Angriff am 21. Januar war erst der Anfang. Nur zwei Tage nach dem Blitzangriff auf Cheongwadae entführte Nordkorea die USS Pueblo, ein amerikanisches Aufklärungsschiff, in den internationalen Gewässern vor Wonsan, Nordkorea. Die US-Regierung verurteilte Nordkoreas Handlung und betrachtete die Entführung des Schiffs mit dreiundachtzig Zivilisten und Besatzungsmitgliedern an Bord als einen Akt des Krieges.

Als Folge dieser nordkoreanischen Provokationen griff auf der koreanischen Halbinsel die Angst nach einem erneuten Krieg um sich und die wütenden Südkoreaner strömten auf die Straße, um gegen die Enterung des Schiffs zu protestieren. An den Anti-Nordkorea-Demonstrationen beteiligten sich Studenten und Bürgergruppen, um ihr Engagement im Kampf gegen das kommunistische Regime zu zeigen. Durch diese landesweiten Proteste wuchs die Abneigung gegen den Kommunismus in Südkorea.

Der Terror-Angriff am 21. Januar zog umfangreiche soziale, rechtliche und politische Veränderungen in Südkorea nach sich. Professor Lim Hyung-Jin von der geisteswissenschaftlichen Fakultät der Kyung-Hee-Universität erzählt uns mehr darüber.

Dieser Vorfall führte die Südkoreaner dazu, die Alarmbereitschaft gegenüber Nordkorea zu erhöhen und die Bedeutung der nationalen Sicherheit höher einzuschätzen. Das Killerkommando der einunddreißig Attentäter auf Cheongwadae, das auf ein vollkommen überraschtes und unvorbereitetes Südkorea traf, zeigte die enormen Lücken in unserer Bereitschaft und Fähigkeit, das Land zu verteidigen. Also beschloss die südkoreanische Regierung, verschiedene Systeme einzurichten, um die Wachsamkeit der Nation gegen Nordkorea zu erhöhen. Eins davon war das Militärreservesystem.

Etwa drei Monate nach dem Angriff auf Cheongwadae, am 3. April 1968, wurde die südkoreanische Heimatreserve eingerichtet. Die Heimat-Reservisten waren nicht-reguläre Truppen, die ihre Arbeits- oder lokale Bereiche im Falle eines Krieges oder eines nationalen Notstandes schützen sollten. Herr Kim Su-chang erzählt uns mehr über die Zeit, als die Heimatreserve eingerichtet wurde. Er diente als Zugführer der Reservisten, nachdem er im Januar 1968 aus dem südkoreanischen Marineinfanteriekorps ausgeschieden war.

Die Gründungszeremonie für die Einheiten der Heimatreserve fand im Hyochang-Stadion in Seoul statt. Die gesellschaftliche Stimmung zu der Zeit war nicht sehr gut. Das Militärreservesystem wurde eingerichtet, um unsere Entschlossenheit zu zeigen, die Heimat unter unseren eigenen Schutz zu stellen. Die verfügbaren Reservisten halfen Südkorea dabei, die Sicherheitslücken zu schließen und seine Streitkräfte zu verstärken.

Das war noch nicht alles, wie Professor Lim Hyung-jin von der Kyung-Hee-Universität erklärt:

Damals wurden zum ersten Mal gemeinsame Militärübungen zwischen Südkorea und den Vereinigten Staaten wie die Ulchi-Freiheits-Schutzübung durchgeführt. Südkorea erweiterte auch die Mindestdienstzeit für seine Soldaten. Die Soldaten in der Armee und der Marineinfanterie, die eigentlich entlassen werden sollten, hatten plötzlich sechs weitere Monate zu dienen, und die in der Luftwaffe und der Marine weitere drei Monate. Auch die Truppen der Bereitschaftspolizei und Studenten-Reservistenkorps wurden neu erschaffen, außerdem wurde das Melderegister eingerichtet.

Als Folge wurden alle Einwohnermeldekarten in den Städten und auf dem Land für ungültig erklärt und es wurden neue Ausweise für alle Bürger Südkoreas über 18 Jahre ausgestellt, beginnend mit dem 21. November 1968.

Doch Nordkorea setzte seine Aggressionen fort. Nordkorea schickte 1968 Terroristen nach Uljin und Samcheok in der Provinz Gangwon, führte 1974 einen weiteren Mordanschlag auf Präsident Park Chung-hee durch, bombardierte 1983 den staatlichen Aung-San-Friedhof in Rangun und tötete dabei mehrere hochrangige südkoreanische Regierungsbeamte, die gerade Burma besuchten, und sprengte im Jahr 1987 ein südkoreanisches Passagierflugzeug in die Luft. All diese Vorfälle hielten Südkorea dazu an, wachsamer und feindseliger gegenüber Nordkorea zu sein. Hier ist noch einmal Professor Lim Hyung-jin.

Es war nur natürlich, dass die innerkoreanischen Beziehungen einfroren. Südkorea hatte einen schweren Schlag einstecken müssen und antikommunistische Einstellungen durchdrangen die Nation. Präsident Park setzte die nationale Sicherheit an erster Stelle, dies spornte Nordkorea dazu an, die Feindschaft zu Südkorea und seine eigene militärische Wachsamkeit zu erhöhen sowie die Ein-Mann-Diktatur weiter zu festigen. Der Angriff am 21. Januar verschlechterte die Situation sowohl für Süd- als auch für Nordkorea.

Es ist nun siebenundvierzig Jahre her, dass nordkoreanische Terroristen ins Herz Südkoreas eingedrungen waren und versucht hatten, den südkoreanischen Präsidenten zu ermorden. Trotz eines kurzzeitigen Auftauens der innerkoreanischen Beziehungen unter den Regierungen von Kim Dae-jung und Roh Moo-hyun ziehen sich auch fast ein halbes Jahrhundert nach dem Attentatsversuch von 1968 Gefühle der Feindschaft und des Misstrauens tief durch die beiden Seiten.

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