Zum Menü Zum Inhalt
Go Top

Geschichte

Koreanische Krankenschwestern und Bergarbeiter in Westdeutschland

2015-03-17

Koreanische Krankenschwestern und Bergarbeiter in Westdeutschland
Korea war noch in den 1960er Jahren so arm, dass jeder, der sich drei Mahlzeiten am Tag leisten konnte, als reicher Mann galt.

Laut Bericht der Weltbank über das Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt von 120 Ländern weltweit befand sich Korea auf dem zweitletzten Platz. An letzter Stelle lag Indien mit einem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf von 52 Dollar, direkt darüber war Südkorea mit 72 Dollar, und auf dem drittletzten Platz befand sich Nordkorea mit 86 Dollar.

Das waren die Erinnerungen von Direktor Baek Young-hoon vom Institut für die Entwicklung der koreanischen Industrie über den wirtschaftlichen Status Koreas in den 1960er Jahren. Direktor Baek, der die erste Runde des Fünf-Jahres-Wirtschaftsentwicklungsplans entworfen hatte, flog damals als Dolmetscher mit einer koreanischen Wirtschaftsdelegation in die Bundesrepublik Deutschland, um über einen Kredit zu verhandeln. Er erklärt weiter:

Die koreanische Botschaft hatte hart daran gearbeitet, ein Treffen zwischen dem koreanischen Wirtschaftsminister und dem damaligen deutschen Wirtschaftsminister Ludwig Erhard zu arrangieren, doch er wollte sich nicht mit dem koreanischen Vertreter treffen. Also fragte ich meinen Mentor in Deutschland, der mich zu dem gemacht hat, der ich heute bin. Ich bat ihn praktisch darum, ein Treffen mit Minister Erhard zu arrangieren, aber mein Professor sagte, dass ein Gelehrter sich nicht in die Politik einmischen sollte. Was sollte ich tun? Ich konnte nicht mit leeren Händen zurück nach Hause kommen. Ich ging eine Woche lang jeden Morgen in der Frühe zu meinen Mentor und flehte ihn an.

Dank seiner verzweifelten Appelle wurde es der koreanischen Delegation schließlich erlaubt, zwar nicht den Minister zu treffen, aber der Vize-Wirtschaftsminister, und sie erhielten eine Zusage über einen Kredit von 30 Millionen US-Dollar. Doch zur Verzweiflung der Koreaner war keine Bank der Welt bereit, für das mittellose Korea zu bürgen. Baek schickte die Delegation wieder nach Hause und entschloss sich dazu, allein in Deutschland zu bleiben. Er verbrachte die nächsten 20 Tage in Tränen und suchte nach einer Möglichkeit, an das Geld zu kommen. Dann hatte ein deutscher Freund, der beim westdeutschen Arbeitsministerium beschäftigt war, eine geniale Idee.

Er fragte mich, ob es viele Arbeitslose in Korea gebe, und ich antwortete: „Natürlich!“ Er wollte wissen, ob wir 5.000 Bergleute schicken könnten, die in deutschen Bergwerken arbeiten würden. Ich sagte: „Kein Problem!“ Er fragte weiter: „Können Sie 2.000 Krankenschwestern schicken?", und ich antwortete wieder: „Kein Problem!“

So machten sich koreanische Bergarbeiter und Krankenschwestern, die entschlossen waren, der Armut zu entkommen, auf die lange Reise nach Westdeutschland auf der anderen Seite des Globus.

Dafür schaltete die koreanische Regierung m Sommer 1963 Stellenanzeigen für Bergleute, die in Deutschland arbeiten wollten. Der Job stellte ihnen drei Jahre lang 159 Dollar pro Monat in Aussicht. Die Medien unterstützten die Anwerbung der Regierung, indem sie über deutsche Bergwerke und die lukrative Aussicht auf einen Arbeitsplatz im Bergbau berichteten. Direktor Baek Young-hoon vom Institut für die Entwicklung der koreanischen Industrie erinnert sich an die Stellenanzeigen für Bergarbeiter und Krankenschwestern.

In den staatlichen Zeitungen wurden Anzeigen für 5.000 Bergleute und 2.000 Krankenschwestern geschaltet. Aber wissen Sie, wie viele Menschen sich dafür bewarben? 47.000 Männer antworteten auf die Anzeigen. Das sind zehn Bewerber pro Stelle! Die Auswahl wurde auf Schulabgänger begrenzt, denn wie sollten wir Hochschulabsolventen als Bergleute verschicken? Aber eine große Zahl der Bewerber waren Hochschulabsolventen. Und für die 2.000 Stellen als Krankenschwestern bewarben sich auch 27.000 Frauen.

Laut einer Umfrage unter der erwerbstätigen Bevölkerung Koreas im Jahr 1963 lag die Arbeitslosenquote damals bei 8,1 Prozent. Es war nicht verwunderlich, dass sich junge Arbeitssuchende für die Anzeigen interessierten, die nach Kandidaten für gut bezahlte Bergbaujobs im wohlhabenden Westdeutschland suchten. Am ersten Tag kamen etwa 4.000 Bewerber, und die erste Gruppe von 250 Bergleuten für die Bundesrepublik Deutschland wurde zusammengestellt. Die ersten Bergleute nahmen am 21. Dezember 1963 Abschied von ihren Angehörigen und bestiegen das Flugzeug nach Westdeutschland. Diese engagierten jungen Männer setzen auf ihre jugendliche Kraft, um in einem fremden Land zu arbeiten und das Joch der Armut abzuwerfen.

Ihr Ziel war das Ruhrgebiet. Offizielle Statistiken aus der Zeit zeigen einen Abfall von 52 Prozent bei den deutschen Arbeitnehmern im lokalen Kohlebergbau seit 1961. Deutschland brauchte die ausländischen Arbeiter, um die fehlenden deutschen Bergleute zu ersetzen. Hier ist Direktor Kwon Hyuk-cheol vom Center for Free Enterprise (CFE), einem wirtschaftsliberalen Thinktank, der uns die Situation in der Bundesrepublik Deutschland zu der Zeit erklärt.

Obwohl die Bundesrepublik Deutschland ein erstaunliches Wirtschaftswachstum erlebt hatte, gab es einen Arbeitskräftemangel, denn die Leute vermieden es, in bestimmten Branchen zu arbeiten. Also beschloss die Bundesrepublik, die Lücken mit Fremdarbeitern wieder aufzufüllen. Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg sind viele Osteuropäer eingestellt worden und danach die Ostdeutschen, die vor dem kommunistischen Regime geflohen waren. Aber nachdem die Berliner Mauer gebaut wurde, ging die Zahl der ostdeutschen Flüchtlinge zurück. Gegen Ende der 1950er Jahre sind japanische Arbeiter in die Bundesrepublik gekommen, doch ihre Verträge liefen im Jahr 1963 aus und die japanische Regierung schickte keine weiteren Arbeiter mehr.

So kamen nun also die Koreaner, um in den deutschen Bergwerken zu arbeiten. Von 1963 bis 1977 sind insgesamt 7.936 koreanische Bergleute in die Bundesrepublik geschickt worden. Um dieselbe Zeit sind auch die koreanischen Krankenschwestern rekrutiert worden, um in Deutschland zu arbeiten. Die meisten dieser Stellen in der Krankenpflege in Deutschland sind seit den späten 1950er Jahren von religiösen Gruppierungen und Privatpersonen eingerichtet worden, doch 1966 übernahm die Regierung die Verantwortung darüber. Bis 1976 kamen mehr als 12.000 koreanische Krankenschwestern in die Bundesrepublik Deutschland. Hier ist erneut Direktor Kwon Hyuk-cheol vom CFE.

Damals baute die Bundesrepublik Deutschland gerade sein Sozialsystem aus und eröffnete viele Krankenhäuser. Aber es gab nicht genug Krankenschwestern und Pflegerinnen, um den Bedarf zu decken. Deutschland brauchte daher Arbeitskräfte aus dem Ausland und Korea war zur Stelle, um Deutschland auszuhelfen, die eigene Arbeitslosenquote zu senken und zusätzliches Geld zu verdienen.

Die Arbeit im Bergbau war viel schwieriger und gefährlicher, als die koreanischen Bergleute erwartet hatten. Obwohl viele einen Hochschulabschluss hatten, mussten diese jungen Koreaner Papier und Bleistift gegen Grubenlampe und Schaufel eintauschen und tausend Meter unter der Erde dunkle Tunnel graben, um ihren Unterhalt zu verdienen. Herr Ha Dae-kyung arbeitete 1971 als Bergmann in Westdeutschland. Er leitet heute eine Gesellschaft von Bergleuten, Krankenschwestern und Krankenpflegern, die in Deutschland gearbeitet haben.

Wir arbeiteten acht Stunden in den Tunneln, dazu kamen etwa anderthalb Stunden, um den Schacht runter und wieder rauf zu fahren. Unser Arbeitsplatz lag tausend Meter unter der Erde. Da gab es Tunnel, die vom Schacht ausgingen, und dort haben wir nach Kohle gegraben. Die Temperatur stieg alle 100 Meter um einen Grad, das bedeutet, wenn oben 20 Grad waren, hatten wir unten im Tunnel 30 Grad. Dort mussten wir arbeiten und dabei den Kohlenstaub von den Bergbaumaschinen einatmen.

Es war unerträglich heiß in den dunklen Tunneln, und immer wieder kam es zu lebensgefährlichen Situationen.

Es gab viele Unfälle im Tunnel, wenn zum Beispiel Kohlebrocken von der Decke fielen. Ich habe tatsächlich einmal gesehen, wie ein Mann von einem großen Kohleblock getötet wurde. Manchmal starben Bergleute wegen defekter Maschinen oder durch das Einatmen giftiger Gase. Wir mussten immer auf der Hut sein, weil es so gefährlich war.

Die Arbeit unter Tage war anstrengend und gefährlich, aber die koreanischen Bergleute ertrugen die Härten in der Hoffnung, dass ihre Familien nach drei Jahren besser dran wären, und schickten das meiste von dem mit Blut und Schweiß verdienten Geld zu ihren Familien in Korea. Hier ist noch einmal Herr Ha Dae-kyung.

Die Bezahlung war zehnmal so hoch wie in Korea. Unser erster Lohn war um die 500 bis 600 Deutsche Mark, aber viele Bergleute machten Überstunden und kamen auf 800 oder 900 Mark. Das waren etwa 300.000 Won zu einer Zeit, als ein Büroangestellter in Korea kaum an die 50.000 Won verdiente. So behielten wir nur das Nötigste für uns und schickten den Rest nach Korea.

Die Situation war für koreanische Krankenschwestern in der Bundesrepublik Deutschland nicht viel anders. Frau Lim Ok-jin arbeitete seit 1970 als Krankenschwester in einem Krankenhaus in Berlin. Sie arbeitete lange, einsame Stunden im Krankenhaus, und anstatt sich wie andere junge Frauen selbst herauszuputzen, hantierte sie mit beißenden Desinfektionsmitteln. Sie opferte sich selbst, damit es ihre Familie in Korea besser hatte.

Ich habe das meiste meiner Bezahlung nach Hause geschickt. Ich war oft traurig, weil wir so weit voneinander getrennt lebten. Ich hatte Mitleid mit meinen Eltern und Geschwistern. Wenn ich etwas gegessen hatte, dachte ich: „Was wohl meine Familie heute bekommt?" Also habe ich jeden Pfennig aufgespart. Ich ging nicht einmal zum Friseur, weil ich das Geld sparen und nach Hause schicken musste.

Das Geld, das die koreanischen Bergarbeiter und Krankenschwestern damals verdient hatten, half sowohl ihren Familien als auch der gesamten koreanischen Wirtschaft. Direktor Kwon Hyuk-cheol vom CFE erklärt dazu:

Das Geld, das von den Koreanern in der Bundesrepublik Deutschland nach Hause geschickt wurde, betrug zu Beginn einige Millionen Dollar und wuchs nach ein paar Jahren zu mehreren zehn Millionen Dollar an. In den ersten drei Jahren des Programms machte die Menge etwa 1,8 Prozent des gesamten Exportvolumens Koreas aus, Sie können sich also vorstellen, wie groß die Summe war. In den 1960ern betrug Koreas Reserve an Fremdwährung nur rund 23 Millionen US-Dollar, und die aus Deutschland geschickte Menge war etwa 2,8 Millionen, mehr als 10 Prozent der Währungsreserven des Landes. Sie sehen also, wie viel Geld sie geschickt haben.

Unterdessen begann westdeutschen Medien, über die Arbeitsmoral und das Engagement der koreanischen Bergarbeiter und Krankenschwestern zu berichten. Sie stellten die hauptsächlichen Repräsentanten Koreas dar. Direktor Baek Young-hoon vom Institut für die Entwicklung der koreanischen Industrie erinnert sich an diese Zeit.

Die koreanischen Bergleute in der Westdeutschland arbeiteten hart, und die koreanischen Krankenschwestern machten all die gefährliche und schmutzige Arbeit in den Krankenhäusern. Ihre Geschichten wurden von deutschen Zeitungen gedruckt und das inspirierte die Deutschen, diesen engagierten ausländischen Arbeitnehmern zu helfen. Dieses Mitleid der Deutschen mit den koreanischen Arbeitern brachte den damaligen Präsidenten Heinrich Lübke schließlich dazu, den koreanischen Präsidenten Park Chung-hee als Staatsgast einzuladen.

Präsident Parks zweiwöchiger Staatsbesuch in der Bundesrepublik Deutschland war eine Gelegenheit für den koreanischen Präsidenten, die Freundschaft mit einem Land zu verstärken, das genau wie sein eigenes Land geteilt war, aber bereits eine erstaunliche wirtschaftliche Entwicklung hinter sich hatte, und nach Krediten zur Finanzierung der koreanischen Wirtschaft zu fragen. Der Präsident und die First Lady trafen sich auch mit koreanischen Bergarbeitern und Krankenschwestern, um sie zu trösten und ihnen Kraft zu geben. Der folgende Bericht ist von Herrn Jo Lib, der als Bergmann in Deutschland gearbeitet hat und an der Begegnung mit dem Präsidenten teilgenommen hat.

Präsident Park war wegen eines Kredits gekommen. Weil er aus einem armen Land kam, bestand seine Eskorte aus einem einzigen Polizeimotorrad. Er kam spät in der Nacht zu dem Bergwerk. Koreanische Bergarbeiter und Krankenschwestern warteten auf sie. Wir Arbeiter und das Präsidentenpaar sahen uns gegenseitig voller Mitleid an. Schließlich brachen wir alle in Tränen aus.

Die von Präsident Park und den jungen Arbeitern aus dem armen, wenig bekannten Land vergossenen Tränen waren nicht umsonst. Die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Beziehungen zwischen Südkorea und der Bundesrepublik Deutschland wurden letztlich gestärkt. Hier ist erneut Direktor Kwon Hyuk-cheol vom CFE.

Südkorea und die Bundesrepublik Deutschland wuchsen in allen Punkten eng zusammen. Derzeit ist Deutschland Koreas viert- oder fünftgrößter Handelspartner und Investor. Die harte Arbeit und das Opfer der koreanischen Bergarbeiter und Krankenschwestern spielten bei der Entstehung und Erhaltung dieser engen Beziehung eine große Rolle.

Korea hätte den heutigen Wohlstand nicht erreichen könne ohne die zahlreichen Bergarbeiter und Krankenschwestern, die ihre Familien zu Hause zurück ließen, um eine harte und gefährliche Arbeit in einem fremden Land anzutreten.

Die Redaktion empfiehlt

Close

Diese Webseite verwendet Cookies und andere Techniken, um die Servicequalität zu verbessern. Die fortgesetzte Nutzung der Webseite gilt als Zustimmung zur Anwendung dieser Techniken und zu den Richtlinien von KBS. Mehr >