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Kultur

Choi In-wook: „Forsythien“ (1948)

2022-11-29

ⓒ Getty Images Bank

„Ich hatte das Unglück, letztes Jahr meine Frau zu verlieren. Seitdem lebe ich als Witwer, habe aber keine Kinder und meine beiden Eltern sind tot. Da wir nur zu zweit sind, gibt es nicht viel zu tun. Aber ich frage mich, ob es dir etwas ausmacht, dass ich viel älter bin als du“, sagte er.

Als er den Satz beendete, griff er sanft nach Yeon-is Hand, Sie spürte nur ihr Herz rasen, unfähig an irgendetwas zu denken.

Nach dieser Begegnung kam der Mann häufig mit seinem Lastwagen zu Yeon-i nach Hause. Manchmal übernachtete er sogar in ihrem Zimmer.

Drei Monate später konnte sie nicht leugnen, dass in ihrem Bauch ein neues Leben heranwuchs.


Eines Tages, als gelbe Forsythien hinter den Steinmauern blühten, sagte Dol-i, während Jun-i lernte, ein paar Dinge vor sich hin, die er irgendwo aufgeschnappt hatte.

„Der dreißigste Tag, die Eiszapfen, die funkelnden Eiszapfen.“

Er tat, als läse er laut ein Buch. Da kam Gu-gil begegnete, ein anderer Junge aus der Nachbarschaft, herbei

„Hey, ich habe gehört, deine Mutter heiratet wieder“, sagte Gu-gil.

„Ja, meine Mutter heiratet wieder“, antwortete Dol-i.

„Gehst du mit ihr?“

„Ja, ich gehe mit. Und meine Oma auch.“

„Das stimmt doch gar!“

„Das stimmt wohl!“

Dol-i verzog die Lippen, bevor er vorgab, wieder in seinem Buch zu lesen, und dann alleine zur Straße ging.


Mitten am Tag, als die gelben Forsythien hinter der Steinmauer blühten, hielt ein mit Holz beladener Lastwagen vor Dol-is Haus. Der Mann stieg mit einer alten Tasche aus dem Lastwagen und betrat das Haus. Kurz darauf kam er mit Yeon-i heraus, deren Augen voller Tränen waren. Sie ging vor ihm her.

Bevor sie in den Lastwagen stieg, suchte sie nach ihrem Sohn.

„Bokdol!“, rief sie.

Ihre Stimme erstickte, als sie seinen Namen rief, aber der Junge tauchte nicht auf.

Wo konnte er sein? „Wenn du bei Oma bleibst, kaufe ich ein paar schöne Anziehsachen und komme dich holen“, sagte Yeon-i und unterdrückte die Tränen.

Gerade als der Lastwagen abfahren wollte, stellte sich heraus, dass Dol-i, der seiner Mutter nicht geantwortet hatte, heimlich auf die Ladefläche geklettert war, und zwischen den dort gestapelten Habseligkeiten versteckt hatte. Der Gehilfe des Mannes hatte ihn entdeckt und vom Lastwagen heruntergezogen.

Dol-i jagte dem Lastwagen verzweifelt hinterher, doch die Entfernung wurde immer größer.

Yeon-ich wusste, was hinter ihr geschah. Aber sie ging trotzdem. Sie musste dorthin, wo der Lastwagen sie hinbrachte.




Choi In-wook (1920-1972): „Forsythien“ (1948)

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