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Kultur

Park Hwa-young: „Eine leeres Grundstück“ (2009)

2022-11-08

ⓒ Getty Images Bank

Mitten in diesem Hochland befand sich das umstrittene leere Grundstück. Dort waren vor einer Weile fünf oder sechs Häuser dem Erdboden gleichgemacht worden, sodass eine leere Fläche zurückgeblieben war. Man ging natürlich davon aus, dass dort bald ein Multiplex-Gebäude oder Atelierwohnungen entstehen würden.

Aber ein Monat verging, und das Grundstück stand immer noch leer. Und nun begann es, die Aufmerksamkeit der Leute anzuziehen. Manchmal wurden dort leere Schnapsflaschen oder Sprühdosen mit Klebstoff gefunden, was die Menschen dazu veranlasste, diesen leeren Raum als Quelle und Ende aller Verbrechen zu betrachten. Wie der Besitzer des Hanareum Mart, ein Mann in mittlerem Alter, sagte, war es ein ominöses Zeichen, nein, eine Sünde, dieses Grundstück einfach leerstehen zu lassen.


Die Leute kamen nicht nur dorthin, um Müll wegzuwerfen. Sie kamen auch, um Sachen auf dem Grundstück zu verbrennen, zu vergraben oder zu verstreuen. Eine Frau mit dunklen Sommersprossen unter den Augen kam oft auf das leere Grundstück, um dort etwas zu verbrennen. Sie steckte Briefe, Postkarten oder auch mal einen ausgestopften Teddybären in eine Metalltonne und zündete sie an. Ein Mann, der im Souterrain des nahe gelegenen Reihenhauses wohnte, kam häufig in den frühen Morgenstunden auf das Grundstück, um etwas zu vergraben. Er trug immer eine Schaufel bei sich und etwas von der Größe eines menschlichen Körpers, eingewickelt in schwarze Plastikplane.


Ungefähr zu dieser Zeit wurde auf dem leeren Grundstück ein Bauschild aufgestellt. Die Dorfbewohner waren erleichtert, dass die Probleme, die sie so lange geplagt hatten, nun endlich gelöst wurden. Bald darauf wurden Zäune errichtet und die Katzen vertrieben. An jenem Ort, der einst vom Heulen des kalten Windes und vom Jaulen der Katzen die Nacht erfüllt gewesen war, herrschte nun Stille. Die Katzen hatten sich in der Nachbarschaft verstreut, doch eine nach der anderen wurde bald darauf tot aufgefunden. Die Bewohner waren überzeugt, dass jemand die Katzen vergiftete.

Am Tag nach dem Verschwinden der Katzen sprang eine Frau aus dem Multiplex-Gebäude in der Nähe des leeren Grundstücks. Auf dem Dach wurden ihre hochhackigen Schuhe und ein Brief gefunden. In dem Brief stand, dass sie die Katzen immer noch habe sehen können, obwohl alles still war.

Eine Woche später wurde die Baulücke aufgeräumt und mit einer dicken Zementschicht übergossen.

 



Park Hwa-young (*1977): „Ein leeres Grundstück“ (2009)

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